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24. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI)

Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI)

28.04. - 30.04.2016, Frankfurt am Main

Norovirus-Inhibition durch Humane Milch-Oligosaccharide (HMOs)

Meeting Abstract

  • Stefan Weichert - Universitätsklinik Mannheim, Universität Heidelberg, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Mannheim, Deutschland
  • Anna Kormyslova - Universität Heidelberg; Department für Infektiologie, Virologie, Schaller Research Group und DKFZ, Heidelberg, Deutschland
  • Bishal K. Singh - Universität Heidelberg; Department für Infektiologie, Virologie, Schaller Research Group und DKFZ, Heidelberg, Deutschland
  • Satako Hansman - Universität Heidelberg, Pädiatrische Infektiologie, Universitätsklinikum Mannheim;Schaller Research Group und DKFZ, Heidelberg, Deutschland
  • Stefan Jennewein - Jennewein Biotechnologie GmbH, Rheinbreitbach, Deutschland
  • Horst Schroten - Universitätsklinik Mannheim, Universität Heidelberg, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Mannheim, Deutschland
  • Grant Hansman - Universität Heidelberg; Department für Infektiologie, Virologie, Schaller Research Group und DKFZ, Heidelberg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie. 24. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI). Frankfurt am Main, 28.-30.04.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16dgpi20

doi: 10.3205/16dgpi20, urn:nbn:de:0183-16dgpi204

Published: April 28, 2016

© 2016 Weichert et al.
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Text

Fragestellung: Histo-Blutgruppen Antigene (HBGAs) des Menschen stellen eine wichtige Bindungsstruktur für humanpathogene Noroviren dar. Interessanterweise finden sich in Muttermilch HBGA-Strukturanaloga in Form von Mehrfachzuckern (Humane Milch-Oligosaccharide, HMOs). Die vorliegende Arbeit untersucht mögliche Interaktionen von spezifischen HMOs und humanpathogenen Noroviren.

Material und Methode: Mittels ELISA-Technik wurden zunächst Bindungsstudien von Norovirus-Partikeln (Virus-like particles (VLPs); Genogruppe II, Genotyp 10 (GII.10)) an verschiedene HBGA-Strukturen (Porcines Gastrales Muzin Typ III (PGM), humane Speichelproben/ Saliva, Typ A und B) und ein möglicher inhibitorischer Effekt durch biosynthetisch generierte HMOs (2’-Fucosyllactose (2’FL) und 3-Fucosyllactose (3FL)) mit beschichteten 96well Platten untersucht. Ergänzend wurden Röntgen-kristallographische Analysen zur genaueren Charakterisierung der HMO-Norovirus Interaktion durchgeführt.

Ergebnisse: Die durchgeführten Bindungsassays zeigen, dass die Trisaccharide 2’FL und 3FL weitestgehend dosisabhängig die Bindung von GII.10 VLPs an HBGA-Strukturen blockieren können. Die mittlere inhibitorische Konzentration (IC50) für PGM-beschichtete ELISA-Platten beträgt 9.38mM für 2’FL und 3FL. Für Saliva (Typ A)-beschichtete Platten zeigt sich eine IC50 von jeweils 18.75mM (2’FL) und 9.38mM (3FL), für Saliva (Typ B)-Beschichtungen jeweils eine IC50 von 37.50mM. Im Gegensatz dazu zeigt das Disaccharid Laktose keine inhibitorische Wirkung.

Die ergänzend durchgeführten Röntgen-kristallographischen Strukturanalysen von Norovirus Kapsidstrukturen (GII.10 P-Domänen) in Kombination mit 2’FL bzw. 3FL zeigen, dass beide Mehrfachzucker ähnlich HBGAs an die spezifische HBGA-Bindungsstelle des Norovirus-Kapsids binden. Die Bindung und Positionierung der jeweiligen Fukose-Reste (HMOs und HBGAs) erfolgt über identische Aminosäuren, wobei insbesondere für 2’FL eine HBGA-gleiche Positionierung und Protein-/ Aminosäurebindung beobachtet wird (vergleichbar beispielsweise zu Komponenten des Lewis-Y Oligosaccharids), während interessanterweise 3-FL abweichend zu bekannten HBGA-Positionierungen bindet.

Diskussion: Die vorliegende Arbeit zeigt Gemeinsamkeiten und Unterschiede des Bindungsverhaltens von HMOs und HBGAs an Norovirusstrukturen. Obwohl die Ausrichtung und Positionierung der HMOs z.T. abweichend zur bekannten Positionierung von HBGAs ist, binden HMOs in einer dosis-abhängigen Kinetik humanpathogene Noroviren (hier GII.10 VLPs).

Schlussfolgerung: Wir konnten mittels Röntgenkristallographie erstmalig zeigen, dass 2’FL und 3FL spezifisch die HBGA-Bindungsstelle von humanpathogenen Noroviren besetzen. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass humane Milch-Oligosaccharide erfolgreich eine Norovirusbindung an HBGA-Strukturen inhibieren. Da aktuell weder eine spezifische Therapie noch eine Impfung gegen Norovirusinfektionen vorhanden ist, bieten humane Milch-Oligosaccharide möglicherweise einen natürlichen antiviralen Schutz gegenüber Norovirusinfektionen.