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24. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI)

Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI)

28.04. - 30.04.2016, Frankfurt am Main

Multiresistente Erreger (MRE) bei hospitalisierten Flüchtlingen im Kindes- und Jugendalter und bei schwangeren Flüchtlingen: eine prospektive Untersuchung

Meeting Abstract

  • Carsten Krüger - St. Franziskus Hospital, Kinderklinik, Ahlen, Deutschland
  • Susanne Schuler-Lüttmann - St. Franziskus Hospital, Kompetenzzentrum Mikrobiologie und Hygiene, Münster, Deutschland
  • Thomas Haug - St. Franziskus Hospital, Chirurgie, Ahlen, Deutschland
  • Markus Gantert - St. Franziskus Hospital, Gynäkologie, Ahlen, Deutschland
  • Manfred Hermsen - St. Franziskus Hospital, Kinderklinik, Ahlen, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie. 24. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI). Frankfurt am Main, 28.-30.04.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16dgpi09

doi: 10.3205/16dgpi09, urn:nbn:de:0183-16dgpi097

Published: April 28, 2016

© 2016 Krüger et al.
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Text

Fragestellung: Im Jahr 2015 kamen > 300000 Kinder und Jugendliche sowie eine unbekannte Anzahl an Schwangeren als Flüchtlinge nach Deutschland. Bei der stationären Versorgung stellt sich die Frage, ob diese Personen ein erhöhtes Risiko für eine MRE-Besiedlung aufweisen, da die MRE-Prävalenz in den Herkunftsländern deutlich erhöht sein kann und die Fluchtumstände in der Regel unklar bleiben. Gemäß hausinterner, DGPI- und RKI-Empfehlungen stellten wir daher bei dieser Gruppe die Indikation zum MRE-Screening bei stationärer Aufnahme.

Methodik: Vom 7.8.-31.12.2015 wurden bei 60 Kindern und Jugendlichen (1 Mon.-17 J., 20 weibl., 40 männl.) und 10 Schwangeren Abstriche nasal (+ Zervix bei Schwangeren) auf MRSA und rektal auf MRGN entnommen. Nicht getestet wurden 3 Neugeborene (1 männl.), deren Mütter MRE-negativ waren, und 5 Kinder (1 männl., 1-15 J.) mit Skabies (1 Tag Aufenthalt); bei 3 Kindern (3 männl., 5 Mon.-17 J.) unterblieb das Screening aus unbekannten Gründen. Alter, Geschlecht, Herkunftsland und Diagnose wurden in die Analyse einbezogen.

Ergebnisse: Alle Kinder wurden wegen üblicher infektiöser und nicht-infektiöser Erkrankungen behandelt. Bei 35 Kindern aus Syrien (26 männl., 1 Mon.-16 J.) wurden 7x MRSA und 3x 3MRGN (E. coli) bzw. 1x 2MRGN (E. coli) nachgewiesen; bei 1 Säugling wurde der Harnwegsinfekt durch 3MRGN verursacht, dieses Kind war zugleich MRSA-positiv. Bei 14 Kindern aus Afghanistan (9 männl., 10 Mon.-17 J.) war 1 Junge MRSA-positiv, 2 Mädchen und 1 Junge hatten eine 3MRGN-Besiedlung (E. coli), alle ohne Bezug zur Erkrankung. Die 4 Kinder aus dem Irak (3 männl., 1-7 J.) hatten negative Abstriche. Bei 8 Schwangeren aus diesen Ländern war 1 Syrerin mit MRSA (an Zervix), 1 Syrerin und 1 Afghanin mit 3MRGN (E. coli) ohne Krankheitsbezug besiedelt. Bei den 7 Kindern (2 männl., 1 Mon.-15 J.) und 2 Schwangeren aus Nigeria, Albanien, Mazedonien, Russland, Kirgistan und Aserbeidschan fand sich ein MRSA-Nachweis bei 1 Mädchen aus Albanien ohne Bezug zur Erkrankung. Eine MRSA-Besiedlung lag bei 14,3% der getesteten Patienten vor, eine 3MRGN- bzw. 2MRGN-Besiedlung bei 13,2%. Insgesamt betrug die MRE-Quote bei allen getesteten Patienten 25,7%, bei Einschluss der nicht getesteten Kinder lag sie bei 22,2%; unter den Schwangeren betrug sie 30%.

Diskussion: Jeder vierte Patient dieser Kohorte war mit MRE besiedelt. Diese Quote liegt wesentlich höher als in bisherigen Untersuchungen bei Patienten in Deutschland. Ein Selektionsbias durch die Hospitalisierung erscheint wenig plausibel, da die Patienten wegen üblicher, nicht MRE-assoziierter Erkrankungen behandelt wurden. Besonders Patienten aus Syrien und Afghanistan waren betroffen. Hier könnte eine Selektion vorliegen, Untersuchungen an Flüchtlingen aus anderen Herkunftsländern sind erforderlich.

Schlussfolgerung: Zumindest Kinder und Schwangere aus Syrien und Afghanistan sollten auf MRE-Besiedlung getestet und entsprechend bis zum Ergebnis isoliert werden. Die MRE-Besiedlung scheint jedoch nur im Ausnahmefall pathogen zu sein.