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37th Congress of the German Society for Cataract & Refractive Surgeons (GSCRS)

German Society for Cataract & Refractive Surgeons (GSCRS) (GSCRS)

02.03. - 04.03.2023, Weimar

Hat die PRIVENT-Studie die Welt verändert?

Meeting Abstract

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  • Friederike Schaub - Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde Universitätsmedizin Rostock

Deutschsprachige Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie. 37. Kongress der Deutschsprachigen Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, interventionelle und refraktive Chirurgie. Weimar, 02.-04.03.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23dgii70

doi: 10.3205/23dgii70, urn:nbn:de:0183-23dgii708

Published: March 2, 2023

© 2023 Schaub.
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Bisherige präklinische und klinische Studien zur Prophylaxe der Proliferativen Vitreoretinopathie (PVR) führten zwar zu einem weitreichenderen Verständnis der komplexen molekularen Ereignisse und der Risikofaktoren bei der Entwicklung der PVR und der Optimierung der chirurgischen Herangehensweise, jedoch blieben die funktionellen und anatomischen Ergebnisse hiervon bislang praktisch unbeeinflusst.

In der multizentrischen, randomisierten, doppel-blinden und placebo-kontrollierten PRIVENT-Studie (Prophylactic Intravitreal 5-Fluorouracil + Heparin to Prevent PVR in High-risk Patients with Retinal Detachment; (EudraCT No.: 2015-004731-12; Clinical Trials.gov Identifier: NCT02834559) wurde der Nutzen einer adjuvanten Behandlung mit 5-Fluorouracil (5-FU) und niedermolekularem Heparin (LMWH) bei Patienten mit primärer rhegmatogener Netzhautablösung mit hohem Risiko für eine PVR-Entwicklung untersucht.

Ausgangspunkt für die Studie war die Annahme, dass die Inflammation ein wesentlicher Risikofaktor für die Entwicklung einer PVR darstellt. Mittels präoperativer objektiver Tyndallometrie (Laser-Flare-Photometrie) wurden die ‚Hoch-Risiko’-Patienten identifiziert, da der Laser-Flare-Photometrie eine prädiktive Bedeutung für die PVR-Entwicklung zugeschrieben wurde.

Insgesamt sollten 560 Patienten in die Studie eingeschlossen werden, welche in 2 Behandlungsarme randomisiert wurden (50% Placebo (BSS) vs. 50% Verum (200mg/ml 5-FU und 5IU/ml LMWH) intravitreal in die intraokulare Spüllösung appliziert während der Pars-plana-Vitrektomie). Das primäre Studienziel war die Reduktion der Inzidenz der PVR mittels adjuvanter Pharmakotherapie. Der primäre Endpunkt war die Entwicklung einer PVR Grad CP 1 oder höher (alle Netzhautschichten umfassende PVR posterior des Bulbusäquators über mindestens 1 Uhrzeit). Sekundäre Endpunkte umfassten u.a. die den best-korrigierten Visus, sowie die Re-Amotiorate. Nach einer Interimsanalyse nach den ersten 280 Patienten wurde die Rekrutierung jedoch abgebrochen, da sich kein signifikanter Unterschied zwischen den beiden Behandlungsgruppen herausstellte. Insgesamt waren bis zum Studienabbruch 325 Patienten (Verum: n = 162; Placebo: n = 162) eingeschlossen, hierfür wurden 3.047 Augen von 3.045 Patienten mit rhegmatogener Amotio zwischen Oktober 2016 und März 2020 in 13 deutschen Studienzentren pre-gescreent. In den Studienaugen lag der mittlere Laser-Flare-Wert bei 31 ± 26 pc/ms. Es zeigte sich kein signifikanter Unterschied in der PVR-Rate (modified intention-to-treat: Verum: 28% vs. Placebo: 23% ; Odds ratio (OR) 1,25 (95% CI 0,76–2,08), p = 0,77; per-protocol: 12% vs. 12%, OR 1,05 (0,47 to 2,33), p = 0,47). Kein sekundärer Endpunkt zeigte signifikante Unterschiede; während der gesamten Studienlaufzeit traten keine sicherheitsrelevanten negative Ereignisse auf.

Die Studienergebnisse zeigen zusammengefasst eine vergleichbare PVR-Rate bei Augen mit rhegmatogener Amotio mit und ohne adjuvante Pharmakotherapie.

Es ist davon auszugehen, dass in die PRIVENT-Studie nicht die Hoch-Risiko-Augen eingeschlossen wurden und der prädiktive Wert der Laser-Flare-Photometrie in Bezug auf die PVR-Entwicklung überschätzt wurde, sodass keine Aussage zum prophylaktischen Effekt von 5-FU und LMWH bei erhöhtem PVR-Risiko getroffen werden kann.

Somit ist und bleibt die PVR weiterhin eine Herausforderung in der vitreoretinalen Chirurgie.

Ob es zukünftig sowohl standardisierte Verfahren zur Risikoermittlung und insbesondere medikamentöse Vermeidungsstrategien zur PVR geben wird, ist noch unklar.