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34th Congress of the German Society for Cataract & Refractive Surgeons (GSCRS)

German Society for Cataract & Refractive Surgeons (GSCRS)

13.02. - 15.02.2020, Mainz

Muss es denn wirklich Chirurgie sein? Eskalationsstufen der Pharmakotherapie bei Glaukomen

Meeting Abstract

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  • Carl Erb - Berlin

Deutschsprachige Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie. 34. Kongress der Deutschsprachigen Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, interventionelle und refraktive Chirurgie. Mainz, 13.-15.02.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dgii65

doi: 10.3205/20dgii65, urn:nbn:de:0183-20dgii658

Published: June 18, 2020

© 2020 Erb.
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Die chirurgische Intervention ist für viele Patienten gefühlt die letzte Maßnahme, um das Glaukom in den Griff zu bekommen. Aus diesem Grund ist es sinnvoll, zuerst eine strategisch angelegte medikamentöse Therapie anzustreben, um das Glaukom in seiner Progression zu bremsen. Das Ziel ist das Erreichen eines individuellen Zieldruckniveaus und eine begleitende Therapie zur Behandlung der glaukomatösen Neurodegeneration. Für eine erfolgreiche Strategie ist eine ausführliche Patientenanamnese erforderlich, um zum Beispiel mit den angewendeten pharmakologischen Wirkstoffgruppen nicht eine bestehende Systemerkrankung negativ zu beeinflussen. Zudem ist es als Basis einer Glaukomtherapie unabdingbar, die vorliegenden Systemerkrankungen optimal einzustellen, wie die altersangepasste HbA1c-Einstellung beim Diabetes mellitus, generell eine Reduktion des LDL-Cholesterins auf <100 mg/dl, sowie eine optimale Blutdruckeinstellung (vor allem absolutes Vermeiden eines diastolischen Blutdruckes unter 60 mmHg).

Abhängig vom Ausgangsaugeninnendruck kann dann zuerst mit einer Monotherapie begonnen werden. Sollte diese nicht den individuellen Zieldruck erreichen, kann sie innerhalb der Wirkstoffgruppe gewechselt werden, da zum Beispiel die Umstellung innerhalb der Prostaglandin-Analoga zu einer deutlichen Drucksenkung führen kann. Wird damit der Zieldruck nicht erreicht, kann man zu einer Monotherapie aus einer anderen Wirkstoffgruppe greifen.

Als letzte medikamentöse Variante steht die Kombinationstherapie zur Verfügung. Hier sollte aus Adhärenzgründen zuerst mit Fixkombinationen begonnen werden, da sie meist nur 1–2 Mal am Tag getropft werden müssen. Die maximal für den Patienten zumutbare lokale Therapie besteht in der Gabe von 2 Fixpräparaten aus einer Prostaglandin-Analog/Beta-Blocker-Kombination und einer Alpha-2-Agonist/Carboanhydrase-Hemmer-Kombination. Mehr als diese 4 Wirkstoffe in einer dreimaligen Applikation am Tag macht keinen Sinn. Sollte auch dies zum Erreichen des Zieldruckes nicht ausreichen, käme dann die Ergänzung mit einem systemischen Carboanhydrase-Hemmer hinzu. Diese Therapiekombination sollte jedoch nur als vorübergehende Option gesehen werden, da die Nebenwirkungen für den Patienten unangenehm sind und auf Dauer es zu nephrologischen Problemen kommen kann, vor allem bei älteren Patienten mit grenzwertiger Nierenfunktion. Ab diesem Stadium ist ein operatives Vorgehen notwendig.

Bezogen auf die okuläre Oberflächenproblematik sollte von vornherein eine konservierungsmittelfreie Therapie ohne Kompromisse angesetzt werden.

Ergänzend wird eine additive neuroprotektive Strategie bedacht. Bei einem beginnenden Glaukom (MD /2/ bis /6/ dB) ist eine systemische Therapie mit Coenzym Q10 300 mg/Tag sinnvoll. Bei einem mäßigen Glaukom (MD /6/ bis /12/ dB) kommt zusätzlich eine lokale Therapie mit Coenzym Q10-haltigen Augentropfen dazu. Systemisch ist eine ergänzende Therapie mit Curcumin (500 mg/Tag) und/oder α-Liponsäure (150 mg/Tag) sinnvoll. Im fortgeschrittenen Glaukomstadium (MD > /12/ dB) ist eine Therapie mit Citicolin mit 500 mg/Tag zu überlegen. Alle diese Maßnahmen haben das Ziel, der mitochondrialen respiratorischen Dysfunktion (Coenzym Q10), dem erhöhten oxidativen Stress (Curcumin, α-Liponsäure) sowie der mitochondrialen und zellulären Membraninstabilität (Citicolin) entgegenzuwirken.