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26. Kongress der Deutschsprachigen Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie (DGII)

Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie

08.03. - 10.03.2012, Berlin

Die lichtadjustierbare Linse: eine Lösung für alle?

Meeting Abstract

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  • Fritz H. Hengerer - Bochum

Deutschsprachige Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie. 26. Kongress der Deutschsprachigen Gesellschaft für Intraokularlinsen-Implantation, Interventionelle und Refraktive Chirurgie (DGII). Berlin, 08.-10.03.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. Doc12dgii066

doi: 10.3205/12dgii066, urn:nbn:de:0183-12dgii0666

Published: March 7, 2012

© 2012 Hengerer.
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Die lichtadjustierbare Intraokularlinse (LAL) erhielt im Dezember 2007 die CE-Zulassung und wurde seit April 2008 in unserer Universitäts-Augenklinik bei über 400 Patienten implantiert. Im Vordergrund unserer klinischen Untersuchungen stand zunächst die Überprüfung der tatsächlich erzielbaren Refraktionsänderungen nach der Linsenimplantation durch die Beleuchtung mit Hilfe von UV-Licht. Darüber hinaus wurden die refraktiven Veränderungen im Langzeitverlauf an einem Patientenkollektiv mit normalen Augen überprüft.

Untersuchungen zur Auswirkung des für die Beleuchtung der LAL eingesetzten UV-Lichtes auf verschiedene, potentiell gefährdete Gewebe des Auges stellten einen weiteren Schwerpunkt dar. Untersuchungen zur Auswirkung auf das korneale Endothel und die Hornhautdicke der behandelten Augen wurden im zeitlichen Verlauf durchgeführt.

Zur Korrektur der postoperativ bestehenden Refraktionsfehler wurden erstmalig Beleuchtungsnomogramme zur kombinierten Adjustierung sphärischer und torischer Refraktionswerte eingesetzt. Die hierbei gewonnenen Erkenntnisse dienten in den nachfolgenden klinischen Studien zur Behandlung von im Hinblick auf die Biometrie anspruchsvollen Augen. Gerade kurze (hyperope) und lange (myope) Augen sind anfällig für Abweichungen von der Zielrefraktion. Der Einsatz der LAL-Technologie wurde unter Berücksichtigung der besonderen anatomischen Verhältnisse dieser Augen ebenfalls im Langzeitverlauf überprüft.

Bei der Presbyopiekorrektur erfolgte nach Erreichen der Zielrefraktion – ggf. durch das erste Adjustierungsprofil – eine Beleuchtung zur Verstärkung der zentralen Linsenbrechkraft (Customized Near Add=CNA) abhängig von der Pupillenweite und ein abschließendes Lock-in zur dauerhaften Fixation der IOL. Präoperativ, vor den Adjustierungen sowie nach dem Lock-in erfolgten monatliche vollständige ophthalmologische Untersuchungen einschließlich der Messung von Defokuskurven.

Im Rahmen von einer größeren Multizenterstudie wurde die LAL bei Patienten nach kornealer refraktiver Chirurgie implantiert und die Abweichungen von der Zielrefraktion adjustiert.

Ergebnisse: Die Kataraktoperationen verliefen ohne Komplikationen.

Der Endothelzellzahlverlust betrug 6,9±3,7% (Mittelwert) zwei Wochen postoperativ vor der Adjustierung und 6,6±3,8% zwölf Monate nach dem letzten Lock-in. Die Hornhautdicke nahm im Vergleich zu präoperativ um 6,2±4,0% zwei Wochen nach Kataraktchirurgie zu und betrug 12 Monate später –0,6%±1,9%. Die Abnahme der Endothelzellzahl entsprach damit der zu erwartenden Abnahme nach herkömmlicher Kataraktchirurgie und ergab keinen Hinweis auf eine UV-Licht bedingte Veränderung bezüglich Zellzahl oder Morphologie.

Refraktive Präzision und Stabilität:

Mittlere Augenlängen: Über mehr als 18 Monate wurden die erzielten refraktiven Ergebnisse bei 125 Patienten nachkontrolliert. Die Refraktion im sphärischen Äquivalent betrug im Mittel 0,04±0,37 D und die Refraktionswerte wiesen im Untersuchungszeitraum eine refraktive Stabilität auf.

Hyperopie: 14 (93%) der 15 Augen lagen innerhalb ±0,5 D und 10 (67%) innerhalb ±0,25 D von der Zielrefraktion bis zum Zeitpunkt 12 Monate nach Lock-in.

6 und 12 Monate nach Lock-in betrug der unkorrigierte Fernvisus bei allen 15 Augen mindestens 0,63. 10 Patienten erreichten einen unkorrigierten Fernvisus von 0,8 und ein Patient 1,0.

Myopie: 20 von 21 Augen (96%) beziehungsweise 17 von 21 Augen (81%) lagen innerhalb ±0,5 D beziehungsweise ±0,25 D von der angestrebten Zielrefraktion 12 Monate postoperativ.

Z.n. kornealer refraktiver Chirurgie: Von diesen 37 Augen wurden 20 Augen auf Emmetropie, 17 Augen auf Myopie (–1,5 Dioptrien) eingestellt. Die 20 emmetropen Augen hatten nach Adjustierung einen Visus von 0,88±0,24, die Abweichung von der Zielrefraktion lag bei 12 der 20 Augen (60%) innerhalb ±0,25 Dioptrien, bei 19 der 20 Augen (95%) innerhalb ±0,5 Dioptrien, bei 1 Patienten kleiner ±1,0 Dioptrien. Die myopiesierten Augen lagen in der Refraktion bei –1,5±0,55 Dioptrien und hatten im Mittel einen Nahvisus von Jaeger 2.

Presbyopie: Durch den Einsatz von der CNA (Customized Near Add) -Adjustierung, wird den Patienten auf diesem nicht dominanten Auge ein guter Nah- und Intermediärvisus (im Mittel sc 0,9) ermöglicht, ohne wesentliche Visusminderung in der Ferne (im Mittel sc 0,8). Durch Einstellung des dominanten Partnerauges auf Emmetropie lagen die unkorrigierten binokularen bei 1,04±0,17 für den Nahvisus, 0,93±0,21 für den Intermediärvisus und 1,10±0,25 für den Fernvisus.

Schlussfolgerungen: Die LAL ermöglicht eine nichtinvasive post-operative Anpassung der Linsenbrechkraft und kann nach Kataraktchirurgie verbleibende sphärische und/oder astigmatische Refraktionsfehler ausgleichen. Durch die Beleuchtung der LAL mit UV-Licht der Wellenlänge 365 nm aus einer digitalen Lichtquelle polymerisieren photoreaktive Silikonmonomere in der Linsenmatrix und bewirken so eine Modifikation von Linsenform und -brechkraft.

Die Verwendung von UV-Licht der Wellenlänge 365 nm mit der im Rahmen der Nomogramme eingesetzten Lichtenergiedosis erwies sich als sicher. Die Abnahme der Endothelzellzahl entsprach der zu erwartenden Abnahme nach herkömmlicher Kataraktchirurgie und ergab keinen Hinweis auf eine UV-Licht-bedingte Veränderung bezüglich Zellzahl oder Morphologie.

Die erzielten refraktiven Änderungen bei mittleren Augenlängen erwiesen sich als präzise vorhersagbar und waren über mehr als 18 Monate dauerhaft stabil. Insbesondere profitierten Patienten mit sehr langen oder kurzen Augen von der Implantation dieser Linsentechnologie. Abweichungen von der Zielrefraktion konnten in mehreren Beleuchtungssitzungen nach Abschluss der Wundheilung korrigiert werden, verbunden mit einem Anstieg der unkorrigierten Sehschärfe bezogen auf die gewünschte Entfernung. Die Patienten konnten aktiv in die Entscheidung über ihre endgültige Refraktion mit einbezogen werden und hatten die Möglichkeit, unterschiedliche Refraktionszustände zu erproben, bevor die Wunschwerte endgültig fixiert wurden.

Eine postoperative Pupillenweite von mindestens 6 Millimetern ist erforderlich, um eine vollständige Beleuchtung der Linsenoptik zu gewährleisten. Darüber hinaus sollte diese aus Silikon gefertigte Intraokularlinse nicht bei Patienten mit diabetischen Veränderungen am Augenhintergrund implantiert werden.

Die LAL ist abgesehen vom zeitlichen Mehraufwand durchaus für den Einsatz in der Standard-Kataraktchirurgie geeignet. Darüber hinaus bietet diese Linsentechnologie die Grundlage für eine operative Versorgung von Augen mit schwieriger Ausgangssituation. Besonders nach refraktiver Hornhautchirurgie oder anderen Irregularitäten der Hornhaut können die auf sehr vielfältigen Ansätzen beruhenden Vorhersagewerte der auszuwählenden Linsenbrechkraft mitunter deutlich vom Zielwert entfernt sein.