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Ausbreitungsmuster von Handinfektionen in Abhängigkeit der Eintrittslokalisation und dessen Auswirkung auf die Therapieentscheidung – eine retrospektive Single-Center-Studie von 425 Patienten
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Published: | August 27, 2021 |
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Fragestellung: Das Ziel dieser Studie war die Ausbreitung von Handinfektionen nach Verletzungsmechanismen, Krankheitserregern und deren Eintrittslokalisationen systematisch zu untersuchen und daraus eine Therapiestrategie abzuleiten.
Methodik: Im Rahmen einer retrospektiven, monozentrischen Studie wurden 425 Patienten mit Handinfektionen im Zeitraum von 2007-2015 in die Studie eingeschlossen. Die Daten wurden aus dem Krankenhausinformationssystem und den Krankenakten entnommen und untersucht.
Ergebnisse: Im Vergleich zu gesunden Patienten waren bei Patienten mit Diabetes mellitus, Immunsuppression oder Gefäßerkrankungen (Diabetes mellitus p = 0,027; Immunsuppression p = 0,0259; PAVK p = 0,0345) signifikant mehr Kompartimente betroffen. Die arterielle Hypertonie korrelierte nicht mit der Schwere der Handinfektion (p = 0,6098). Die Anzahl der betroffenen Kompartimente war bei Bissverletzungen von Tieren und Menschen am höchsten. Eine durch Katzenbiss verursachte Handinfektion betraf durchschnittlich 3,3, durch Hundebiss 3,0 und Menschenbiss 2,8 Kompartimente. Eine Überschreitung anatomischer Grenzen kam besonders bei Wunden/ Eintrittspforten an den Fingern, dem Thenar- sowie Hypothenarraum vor. Die Anzahl der betroffenen Kompartimente waren bei Infektionen des Zeige- und Kleinfingers am größten. Unabhängig von der Eintrittsstelle, waren die Sehnenscheiden bei 50% aller Patienten betroffen. Bei einem infizierten Kompartiment betrug der mittlere CRP-Wert 28 mg/l, bei zwei und drei betroffenen Kompartimenten 40 mg/l und bei mehr als drei Kompartimenten 74 mg/l. Die Leukozytenzahl korrelierte nicht mit der Schwere der Handinfektion (p=0,682). Bei Mischinfektionen (bis zu vier Bakterienarten) waren signifikant mehr Kompartimente pro identifizierter Art betroffen (1 vs. 2 p = 0,0003; 2 vs. 3 p = 0,013; 3 vs. 4 p = 0,034). Die häufigsten Erreger waren Pasteurellen, Streptokokken, Staphylokokken, Neiseriae und Gram-negative Kokken.
Schlussfolgerung: Eintrittspforten an den Fingern, dem Thenar- sowie Hypothenarraum führten zur Infekt-Überschreitung anatomischer Grenzen, wobei die Anzahl der betroffenen Kompartimente bei Infektionen des Zeige- und Kleinfingers am höchsten war.
CRP erweist sich als ein zuverlässiger Marker für die Einschätzung der Schwere der Infektausbreitung, nicht jedoch die Leukozytenzahl. Die Schwere der Infektausbreitung korreliert mit der Begleitmorbidität (Diabetes etc.) und Anzahl der pathogenen Erreger. Bei zusätzlichen "Risikofaktoren" ist die Indikation zur Operation großzügig zu stellen.