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61. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie

Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie

02. bis 04. September 2021, Münster

Venen-Muskel-Interponate als Alternative zum autologen Nerventransplantat? Eine Meta-Analyse präklinischer und klinischer Studienergebnisse

Meeting Abstract

  • corresponding author presenting/speaker Johannes Heinzel - Klinik für Hand-, Plastische und Rekonstruktive Chirurgie, BG Klinik Tübingen, Eberhard Karls Universität, Tübingen, Germany
  • Mai Quyen Nguyen - LBI für Experimentelle und Klinische Traumatologie, Wien, Austria
  • Laura Kefalianakis - Klinik für Hand-, Plastische und Rekonstruktive Chirurgie, BG Klinik Tübingen, Eberhard Karls Universität, Tübingen, Germany
  • Cosima Prahm - BG Klinik Tübingen, Eberhard Karls Universität, Hand, Plastische, Rekonstruktive und Verbrennungschirurgie, Tübingen, Germany
  • Adrien Daigeler - Klinik für Hand-, Plastische und Rekonstruktive Chirurgie, BG Klinik Tübingen, Eberhard Karls Universität, Tübingen, Germany
  • David Hercher - LBI für Experimentelle und Klinische Traumatologie, Wien, Austria
  • Jonas Kolbenschlag - Klinik für Hand-, Plastische und Rekonstruktive Chirurgie, BG Klinik Tübingen, Eberhard Karls Universität, Tübingen, Germany

Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie. 61. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie. Münster, 02.-04.09.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21dgh50

doi: 10.3205/21dgh50, urn:nbn:de:0183-21dgh504

Published: August 27, 2021

© 2021 Heinzel et al.
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Fragestellung: Der Goldstandard für die Rekonstruktion segmentaler Nervendefekte, das autologe Nerventransplantat (ANT), steht unter anderem aufgrund limitierter Verfügbarkeit und resultierender Hebemorbidität nicht immer zur Verfügung. Das vor etwa 30 Jahren entwickelte Venen-Muskel-Interponat (VMI) wurde bereits in mehreren klinischen Arbeiten als äquivalente Alternative zum autologen Nerventransplantat beschrieben. Jedoch zeigen, insbesondere jüngere, präklinische Studien unterlegene Resultate im Vergleich beider Verfahren. Ziel dieser Arbeit war es, die Ergebnisse präklinischer und klinischer Studien systematisch aufzuarbeiten und mögliche Gründe für die beobachtete Diskrepanz der Resultate zu identifizieren.

Methodik: Anhand einer detaillierten Literaturrecherche wurden alle präklinischen und klinischen Studien ermittelt, bei denen VMI zur Rekonstruktion eines segmentalen Nervendefekts verwendet wurde. Anschließend wurde jede Studie daraufhin analysiert, inwieweit statistisch signifikante Unterschiede hinsichtlich der histologischen und funktionellen Ergebnisse im Vergleich zur Nervenrekonstruktion mit ANT bestanden. Mittels Meta-Analyse erfolgte der systematische Vergleich beider Rekonstruktionsverfahren.

Ergebnisse: Es konnten 31 Studien identifiziert werden, von denen 8 (2 klinische und 6 präklinische) eine mittels ANT versorgte Kontrollgruppe enthielten. Die Resultate beider klinischen Studien (Stammnerven der oberen Extremität distal der Fossa cubitalis) zeigten keine signifikanten Effekte (p=0.22) hinsichtlich der Wahl des Rekonstruktionsverfahrens, gemessen an der statischen 2-Punkte-Diskrimination. Im Gegensatz dazu zeigten sich in den präklinischen Versuchen (muriner N. medianus und N. ischiadicus) zu späteren Beobachtungszeitpunkten ein signifikant (p<0.01) nachteiliger Effekt der Nervenrekonstruktion mittels VMI in Bezug auf die funktionelle Regeneration. Im Tiermodell resultierte die Nervenrekonstruktion mit VMI in signifikant höheren Axonzahlen (p<0.01), jedoch auch in einem signifikant (p<0.01) geringeren Myelinisierungsgrad dieser Axone.

Schlussfolgerung: Die berichtete Diskrepanz der Ergebnisse präklinischer und klinischer Studien deckt sich mit unseren eigenen Erfahrungen bei der Nervenrekonstruktion mittels VMI. Trotz vielversprechender klinischer Resultate sind weitere Studien nötig. Das Rattenmodell birgt hier jedoch einige deutliche Limitationen, bedingt durch profunde Inter-Spezies Differenzen bezüglich der Neurobiologie und methodologische Hürden präklinischer Forschung.