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Zeitliche Dringlichkeitsstufen bei der operativen Versorgung von handchirurgischen Notfällen: Eine Umfrage unter deutschen Handchirurgen
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Published: | August 27, 2021 |
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Fragestellung: Die handchirurgische Notfallversorgung konkurriert in der Dienstzeit mit anderen chirurgischen Fächern um die zur Verfügung stehende OP-Kapazität.
In vielen Kliniken existiert eine fachübergreifende Notfallkategorisierung, die festlegt, innerhalb welcher Zeitfenster die chirurgische Versorgung der Notfälle erfolgen muss. In der handchirurgischen Literatur gibt es keine einheitliche Datenlage zu der zeitlichen Versorgungsdringlichkeit bestimmter Verletzungsmuster und wann sie aus medizinischer und forensischer Sicht versorgt werden sollten.
Die vorliegende Arbeit unternimmt den Versuch, die Versorgungssituation und den fachlichen Konsens bezüglich der Versorgungsdringlichkeiten in Deutschland mithilfe einer Online-Umfrage zu erfassen.
Methodik: Über den Email-Verteiler der DGH wurde eine Online-Umfrage an alle Mitglieder zweimal im Abstand von einigen Monaten versandt. Es erfolgte die standardisierte Abfrage von Art und Größe der Klinik bzw. Praxis, sowie die Bitte um Einschätzung der zeitlichen Dringlichkeitsstufen für verschiedene handchirurgische Verletzungsmuster (sofort - innerhalb 2h - innerhalb 6h - innerhalb 12h - innerhalb 24h bzw. elektive Versorgung). Die anschließende Analyse und grafische Aufarbeitung erfolgten mittels Excel.
Ergebnisse: Von rund 700 aktiven Mitgliedern beteiligten sich 172 (25%) an der Umfrage. Vertreten sind Kollegen sowohl aus Universitätskliniken und BG-Kliniken, als auch aus Schwerpunkthäusern und Kliniken der Grund- und Regelversorgung. 15% sind in der Praxis tätig. An der Notfallversorgung partizipieren erwartungsgemäß hauptsächlich Häuser der Maximalversorgung, überwiegend mit eigener handchirurgischer Dienstbesetzung. 64% der Häuser haben dabei eine fachübergreifende Notfallkategorisierung. Die Einschätzung der zeitlichen Versorgungsdringlichkeiten bei gefährdenden Verletzungen wie Amputationen und Kompartmentsyndrom ist insgesamt relativ einheitlich, bei nicht-gefährdenden Verletzungen wie Sehnendurchtrennungen hingegen sehr heterogen.
Schlussfolgerung: Die Möglichkeit zur Versorgung handchirurgischer Notfälle hängt in erster Linie von den zur Verfügung stehenden Ressourcen und OP-Kapazitäten ab, die Einschätzung der Versorgungsdringlichkeit zusätzlich von Erfahrung und Schule. Um im Wettbewerb mit anderen chirurgischen Disziplinen um limitierte Ressourcen auf eine valide Argumentationsgrundlage zurückgreifen zu können, ist ein allgemeiner Konsens zu Versorgungsdringlichkeiten sinnvoll; die dazu nötige Studienlage ist allerdings bis heute unzureichend.