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60. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie

Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie

08. bis 10. Oktober 2020, Münster

Versorgung eines Daumenstumpfes mit einer Prothese über 7.000 km Entfernung

Meeting Abstract

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  • corresponding author presenting/speaker Bernd Kisse - Fachzentr. Hand-, Brust-u. Plastische Chirurgie, Schoen-Klinik Neustadt, Neustadt, Germany
  • Michael Schäfer - Pohlig GmbH Traunstein, Traunstein, Germany

Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie. 60. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie. Münster, 08.-10.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dgh43

doi: 10.3205/20dgh43, urn:nbn:de:0183-20dgh432

Published: October 9, 2020

© 2020 Kisse et al.
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Fragestellung: Ist die Versorgung eines Daumenstumpfes i.H proximales Grundglied mit einer Prothese über eine Entfernung von 7.000 km ohne eine einzige Anpassung in der Firma möglich?

Methodik: Ausgangslage: Seit 15 Jahren wird von Deutschland aus ein Kindergarten Tansania unterstützt. Eine besondere Vertrauensperson in der Partnerschaft ist der Kassierer der Kirchengemeinde. Ca. 3 Monate vor dem letzten Besuch einer Delegation aus Deutschland 2018 hatte der mittlerweile 72 jährige Mann im Rahmen einer Familienfehde seinen rechten Daumen in Höhe prox. Grundglied verloren. Die Lokalbehandlung des Stumpfes erfolgte vor Ort, sowie die exakte Ausmessung des Stumpfes und die Fotodokumentation. Nach Rückkehr nach Deutschland erfolgte die Kontaktaufnahme mit M. Schäfer von der Firma Pohlig mit der Frage, ob eine Versorgung mit einer Prothese möglich wäre. Es hieß zunächst, dass dies ohne eine Vorstellung des Patienten vor Ort nicht ginge. Das war jedoch ausgeschlossen, denn es hätte zu erheblichen Verwerfungen im gesamten Partnerschaftsgefüge geführt.

Ergebnisse: Dann sich M.Schäfer sich auf eine Arbeit „im freien Fall“, wie er es nannte, ein. Das hieß konkret: es mußten jeweils Delegationen gefunden werden, die den Transport zwischen den einzelnen Arbeitsschritten übernahmen, da ein Postversand ausschied. Zwischen Oktober 2018 und Sommer 2019 wurden in Tansania Abdrucke entnommen, die Probeprothese hier angefertigt, in Tansania anprobiert und notwendige Korrekturen mitgeteilt, und schließlich entsprechend Fotos und Angaben des Patienten die endgültige Prothese konfiguriert. Sie ist mittlerweile seit fast einem Jahr im Einsatz bei allen Verrichtungen des alltäglichen Lebens incl. beim Autofahren. Fotos dokumentieren das Ergebnis.

Schlussfolgerung: Nicht in jedem Teil der Welt steht die Errungenschaft mikrochirurgischer Versorgungen zur Verfügung. Die außergewöhnliche Versorgung unseres Patienten mit einer Daumenprothese zeigt jedoch, dass dennoch Hilfe möglich ist, wenn wir bereit sind, unkonventionelle Wege zu gehen und uns auf Lösungen jenseits der Standards unserer hochtechnisierten medizinischen Versorgung einzulassen.Für den Patienten jedenfalls bedeutet diese Hilfe einen unschätzbaren Gewinn an Lebensqualität.