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60. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie

Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie

08. bis 10. Oktober 2020, Münster

„Time is Nerve“ auch bei Kindern nach suprakondylären Humerusfrakturen. Frakturassoziierte Nervenverletzungen bei Kindern – Teil 1

Meeting Abstract

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  • corresponding author presenting/speaker Wiebke Hülsemann - Kinderkrankenhaus Wilhelmstift, Hamburg, Germany
  • Max Mann - Handchirurgie Kinderkrankenhaus Wilhelmstift, Hamburg, Germany

Deutsche Gesellschaft für Handchirurgie. 60. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie. Münster, 08.-10.10.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc20dgh32

doi: 10.3205/20dgh32, urn:nbn:de:0183-20dgh325

Published: October 9, 2020

© 2020 Hülsemann et al.
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Fragestellung: Frakturassoziierte Nervenschäden sind bei Kindern mit suprakondylären Humerusfrakturen mit 10% der Fälle häufig. Bezüglich bleibender Schäden finden sich in der Literatur keine konsistenten Handlungsvorschläge über Art und Zeitpunkt der Diagnostik, Indikation und Zeitpunkt der Nervenrevision und Art der Therapie.

Trotzdem müssen die Kinder rasch und effektiv behandelt werden, um die Zeit des funktionellen Ausfalls zu reduzieren und möglichst eine Restitutio ad integrum zu erzielen.

Methodik: 2019 wurden innerhalb von 6 Monaten vier Kinder mit Nervenverletzungen nach operativ versorgten dislozierten suprakondylären Humerusfrakturen zugewiesen. Das Ausmaß der Schäden wurde von den Unfall- und Kinderchirurgen verzögert erkannt. Die späte elektrophysiologische Diagnostik war den im Umgang mit Kindern ungeübten Neurologen mangels Kooperation der verängstigten Kinder teilweise nicht möglich. Über das Vorgehen bei diesen Kindern wird berichtet.

Ergebnisse: Die vier Kinder waren bei Unfall zwischen 5,7 und 9,7 Jahre alt. Ihre stark dislozierten suprakondylären Frakturen wurden geschlossen reponiert und mit perkutanen Kirschner-Drähten fixiert. Ein Mädchen wurde nachreponiert.

Bei drei Kindern wurde das Ausmaß der Nervenausfälle anfangs nicht erkannt. Bei dem 4. Kind wurde von einer spontanen Besserung ausgegangen. Die handchirurgische Vorstellung erfolgte verzögert nach 4 Wochen, 4 Monaten und 1,8 Jahren. Bei zwei Kindern lag ein traumabedingter Medianus- und iatrogener Ulnarisschaden vor, bei den beiden anderen Kindern ein iatrogener Ulnarisschaden. Die Medianusschäden waren durch narbige Verziehungen bedingt und wurden mit interfaszikulären Neurolysen gebessert. Bei 3 Kindern konnte der Ulnarisschaden auf perforierende K-Drähte zurückgeführt werden. Zweimal musste der N. ulnaris mit Suralistransplantaten rekonstruiert, bei einem Jungen neurolysiert werden. Bei dem 4. Fall wurde 1,8 Jahre nach Unfall zur Neurolyse ein Babysitter- Nervenasttransfer ergänzt. Bei allen Kindern ist der Befund 6 bis 12 Monate nach Nervenchirurgie verbessert. Das Ausmaß bleibender Schäden ist noch nicht absehbar.

Schlussfolgerung: Anhand dieser Fälle wurde in interdisziplinärer Zusammenarbeit von Kinderhandchirurgie, einem Schwerpunktbereich für periphere Nervenchirurgie und in der Thematik erfahrenen Neurologen eine Stufendiagnostik und ein operativer Therapie-Algorithmus entwickelt. Auch bei wenig kooperativen Kindern ist eine frühe Intervention zur Vermeidung bleibender Schäden nötig.