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Qualitätssicherung mit Routinedaten (QSR) – die Ergebnisqualität chirurgischer Interventionen am Beispiel „kolorektale Eingriffe bei Karzinom“
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Published: | May 2, 2006 |
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Einleitung: Bisherige Qualitätssicherungsverfahren beruhen überwiegend auf separat zu diesem Zweck erhobenen Daten (BQS, Register u.a.). Diese Vorgehensweise ist problematisch wegen des hohen Erfassungsaufwandes, des Melde-Bias und bei Langzeituntersuchungen wegen der nicht vollständigen Rückmeldungen (Non-Responder, meist mit Bias). Diese Probleme stellen sich nicht, wenn Routinedaten untersucht werden. Diese stehen aufgrund der DRG-Abrechnung in zunehmend besserer Qualität zur Verfügung. Sie ermöglichen Untersuchungen im Krankenhaus, aber auch bei den Krankenkassen. Mit Routinedaten der Krankenkassen können mehrjährige Verläufe untersucht und relevante Outcome-Parameter wie z. B. die Krankenhaus- und stan-dardisierte Langzeitsterblichkeit gemessen werden. In einem gemeinsamen Projekt des AOK-Bundesverbandes, der HELIOS Kliniken GmbH, des Forschungs- und Entwicklungsinstitutes im Gesundheitswesen Sachsen-Anhalt (FEISA) und des Wissenschaftliches Instituts der AOK (WIdO) wurden auf dieser Basis Indikatoren der Ergebnisqualität entwickelt.
Material und Methoden: Grundlage der Qualitätsmessung im QSR-Projekt sind Abrechnungsdaten der Krankenhausfälle von AOK-Versicherten (nach § 301 SGB V) ab 1998 (ca. 7 Mio. Fälle pro Jahr). Für 18 Erkrankungs- bzw. Eingriffstypen (u. a. Operationen bei kolorektalen Karzinomen und Appendektomien) werden indikationsspezifisch Qualitätsindikatoren wie Wiederaufnahme-, Revisions- und Letalitätsraten ermittelt. Zum Vergleich der Ergebnisse einzelner Kliniken erfolgt eine Risikoadjustierung.
Ergebnisse: Ausgewertet wurden 14.872 Krankenhausbehandlungsfälle des Jahres 2002 bei denen gleichzeitig eine Kolon-Operation und ein kolorektales Karzinom kodiert waren. Die Krankenhaussterblichkeit aller Patienten lag bei 5 %, die Einjahressterblichkeit bei 22,3 %. Über 79jährige Patienten wiesen ein im Vergleich zu unter 51jährigen ca. 10fach höheres Krankenhaussterberisiko auf (23,0 % versus 2,0 %). In 9,5 % der Fälle war ein Ileus dokumentiert; die Krankenhaussterblichkeit in dieser Gruppe betrug 11,2 % (Einjahressterblichkeit: 35,8 %). 12,9 % der Patienten mit Metastasen verstarben noch im Krankenhaus (Einjahressterblichkeit: 55,3 %). Komorbiditäten verschlechterten sowohl die Kurz- als auch die Langzeitprognose: bei dokumentierter COPD – Kliniksterblichkeit 6,9 %, Einjahressterblichkeit 28,4 % , bei chronischer Niereninsuffizienz 12,9 % bzw. 41,1 % , bei Herzinsuffizienz 11,8 % bzw. 34,3 % , bei KHK 7,3 % bzw. 26,9 %. Traten während des stationären Aufenthaltes Komplikationen auf, hatte dies teilweise dramatische Auswirkungen: Patienten mit Pneumonie verstarben in 21,5 % der Fälle in der Klinik, solche mit Sepsis in 45,4 %, bei dokumentierter Wundinfektion in 12,8 % und bei postoperativem Ileus in 14,9 % der Fälle. Eine Differenzierung nach Altersgruppen und Geschlecht sowie eine Auswertung der Wiederaufnahmeraten und –gründe wurden ergänzend durchgeführt. Analoge Auswertungen zum Tracer „Rektumeingriffe bei kolorektalem Karzinom“ werden ebenfalls präsentiert.
Schlussfolgerung: Routine(abrechnungs)daten sind mittlerweile in guter Qualität ohne zusätzlichen Erhebungsaufwand verfügbar, weitgehend verzerrungsfrei und für das Langzeit-Followup großer Patientengruppen gut geeignet. Entsprechende Verfahren sind international etabliert. Die mit der vorgestellten Methodik ermittelten Ergebnisse liefern plausible und belastbare Outcome-Daten. Die Versorgungsergebnisse können sowohl einrichtungsbezogen (in Form von „Klinikberichten“) als auch systembezo-gen ausgewertet werden. Damit bieten sie vielfältige Nutzungsmöglichkeiten im Rahmen des Qualitätsmanagements und der Versorgungsforschung.