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Wie krank macht der postoperative, permanente Hypoparathyreoidismus? Ergebnisse einer klinischen, kontrollierten Studie
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Published: | May 2, 2006 |
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Einleitung: Der postoperative permanente Hypoparathyreodismus ist eine komplexe endokrinologische Folgeerkrankung und bisher klinisch nicht ausreichend systematisch untersucht. Ziel unserer Studie war es, die Symptome und Folgeerkrankungen dieser Komplikation nach Eingriffen an Schild- und Nebenschilddrüse mit einem neuen, eigens entwickelten Fragebogenmeßinstrument umfassend und detailliert zu analysieren.
Material und Methoden: Die Untersuchung wurde in der Ukraine durchgeführt, wo post-Chernobyl das weltweit größte Kollektiv an Patienten mit postoperativen Hypoaparathyreoidismus existiert. 20 Patienten mit symptomatischen, permanenten Hypoparathyreoidismus nach Eingriffen an der Schilddrüse wegen Karzinom, wurden aus einer Grundgesamtheit von 69 Patienten randomisiet ausgewählt. Zunächst erfolgte die Bestimmung des Parathormons [PTH]i.S. und des Calciums [Ca] i.S. im Serum. Die Patienten wurden anamnestiziert, körperlich untersucht und ihre Symptome und Beschwerden anhand eines eigenen, validierten Fragebogenmeßinstrumentes dokumentiert. Es wurde sowohl ein Symptom- als auch Belastungsscore ermittelt. 20 Patienten, die ebenfalls post-Chernobyl an der Schilddrüse operiert worden waren, ohne eine Hypoparathyreoidismus zu entwickeln, dienten als Kontrollkollektiv.
Ergebnisse: [PTH]i.S. der Hypoparathyreoidismuspatienten betrug 6,32 ± 4,81 pg/ml (NR: 20 – 70 pg/ml), [Ca] i.S.gesamt unter Calciumsubstitution 1,92 ± 0,24 mmol/l (NR: 2,1 – 2,6 mmol/l). Die Erkrankungsdauer dieser Patienten betrug im Mittel 6,65 ± 2,78 Jahre. Die häufigsten tetanischen Symptome dieser Patienten waren Parästhesien (55% der Patienten), Krämpfe in den Extremitäten (50%) sowie Muskelschwäche und –schweregefühl mit 45%. Häufigte körperliche Befunde, v.a. das Integument betreffend, waren Zahnschmelzdefekte (60%), Haarausfall (65%) und trockene Haut (65%) sowie brüchige Nägel (50%). Psychisch klagten 65% der Patienten über ausgeprägte Reizbarkeit und 50% über eine zunehmende depressive Stimmungslage. Typische Spätfolgen traten bei 20% der Patienten durch eine Sehkraftverschlechterung, je 10% durch eine Hörminderung und durch ein Nierensteinleiden postoperativ auf. 1/3 der Patienten wiesen eine larvierte, weitgehend symptomarme Form des Hypoparathyreoidismus auf. Die Symptome und die ermittelten Scorewerte der Hypoparathyreoidismuspatienten unterschieden sich dennoch signifikant in nahezu allen Bereichen von denen der Kontrollgruppe (p < 0,05).
Schlussfolgerung: Unsere Evaluation zeigt, dass der permante Hypoparathyreoidismus eine eigenständige, schwere postoperative Folgeerkrankung darstellt, die bisher zu wenig beachtet worden ist. Der postoperative, permanente Hypoparathyreoidismus muß konsequent behandelt werden. Innovative Therapieoptionen für die klinische Praxis werden aufgeigt.