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Der Einfluss von Aufmerksamkeit auf visuell evozierte Potenziale im Laufe der CI-Versorgung
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Published: | March 5, 2024 |
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Fragestellung: Durch sensorischen Hörverlust und die Versorgung mit einem Cochlea-Implantat (CI) kann es zu funktionalen Änderungen sowohl im auditorischen als auch im visuellen Kortex kommen [1]. Die vorliegende prospektive Längsschnittstudie untersucht den Verlauf dieser kortikalen Veränderungen, sowie den Zusammenhang mit dem CI-Versorgungsergebnis.
Methoden: Postlingual ertaubte Patienten wurden vor und sechs Monate nach der Cochlea-Implantation mit Elektroenzephalographie (EEG) untersucht. Zusätzlich gab es eine normalhörende (NH) Kontrollgruppe. Es wurden zwei Paradigmen durchgeführt, welche die Erkennung von Gesichtern und Lippenbewegungen forderte. Hierbei waren die Stimuli, insbesondere die Lippenbewegungen, entweder mit Aufmerksamkeit belegt oder sie sollten ignoriert werden. Zum Messzeitpunkt sechs Monate nach der Implantation wurde außerdem der (auditorische) Freiburger Einsilbertest zur Messung des Versorgungsergebnisses durchgeführt. Die Auswertung der EEG-Daten beinhaltete neben der klassischen Analyse der visuell evozierten Potenziale (VEP) eine Zeit-Frequenz-Analyse, eine Quellenanalyse, sowie eine Konnektivitätsanalyse, welche die Korrelation der Aktivierung zwischen dem visuellen und auditorischen Kortex untersuchte.
Ergebnisse: Die Ergebnisse zeigten für die Patienten im Vergleich zu den Normalhörenden für die Messzeitpunkte vor und sechs Monate nach der CI-Versorgung eine verbesserte Lippenlesefähigkeit, eine reduzierte Aktivität im visuellen Kortex, sowie eine erhöhte funktionelle Konnektivität zwischen dem visuellen und auditorischen Kortex. Bei den Patienten war außerdem eine positive Korrelation zwischen der (reduzierten) visuellen P1 VEP-Amplitude und dem Freiburger Einsilbertest zu beobachten. Weiter zeigten CI-Kandidaten/Träger im Gegensatz zu den NH keinen Unterschied in der Alpha-Power zwischen den attendierten und ignorierten Lippenbewegungen an beiden Messzeitpunkten, was auf eine reduzierte Unterdrückung von nicht-relevanten visuellen Informationen in der Gruppe der Patienten hinweist.
Schlussfolgerung: Insgesamt deuten diese Ergebnisse auf ausgeprägte, deprivations-induzierte kortikale Veränderungen bei der Verarbeitung von statischen und artikulierenden Gesichtern hin. Diese kortikalen Veränderungen scheinen nach der Implantation über die ersten sechs Monate der CI-Nutzung weitgehend stabil zu bleiben. Die P1-Amplitude, die das Ausmaß der intra-modalen kortikalen Reorganisation anzeigt, kann außerdem wertvolle Informationen für die Prognose des CI-Versorgungsergebnisses liefern.