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Evidenzbasierte Interventionen nach kindlicher CI-Versorgung: Ein Blick in die S3-Leitlinie „Sprachtherapie bei Sprachentwicklungsstörungen“
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Published: | March 5, 2024 |
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Hintergrund: Auf Basis einer internationalen Literaturrecherche wurde in Deutschland 2022 erstmals eine interdisziplinäre S3-Leitlinie zur Therapie von Sprachentwicklungsstörungen veröffentlicht. Diese enthält auch ein Kapitel mit evidenzbasierten Empfehlungen zu Interventionen bei Kindern mit Hörstörungen [1], die dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand Rechnung tragen.
Methode: In einer systematischen Recherche wurden die Datenbanken PubMed und Cochrane Liberary bis 15.08.2022 für kind- und elternbasierten Interventionen und Sprachtherapie bei Kindern mit Hörstörungen gesichtet. Eingeschlossen wurden gemäß den Richtlinien für S3-Leitlinien-Niveau ausschließlich systematische Reviews, Metaanalysen, randomisierte kontrollierte Studien und kontrollierte Interventionsstudien. Die Konsentierung erfolgte Ende 2022 durch 23 Fachgesellschaften und eine Patientenvertretung (Deutsche Kinderhilfe e.V.).
Ergebnisse: Die Leitlinie konstatiert, dass Qualität und Quantität der elterlichen Sprachanregung als wesentlicher Einflussfaktor für den Spracherwerb mit CI gilt [2] und daher die Verbesserung ein Schwerpunkt der (Früh-) Intervention sein sollte.
Sie empfiehlt zusammenfassend u.a. (a) familienzentrierte Interventionsprogramme mit Fokus auf Elterncoaching für die Alterspanne 3 Monate bis 5 Jahre, auch vor und nach CI-Versorgung, (b) bei Kindern mit anhaltenden, sprachspezifischen Störungen zusätzlich ein sprachtherapeutisches Vorgehen, das effektive Methoden für nicht hörgestörte Kinder adaptiert, die die Bereiche Morpho-Syntax, Phonologie, Wortschatz und die narrativen Fähigkeiten adressieren, (c) ein Training von Gedächtnisleistungen, (d) das Angebot aktiven Musizierens in der CI-Rehabilitation, sowie (e) regelmäßige entwicklungsbegleitende Evaluationen der Sprachentwicklung. Bei Kindern mit Zusatzbeeinträchtigungen werden Maßnahmen der Unterstützten Kommunikation in der Sprachtherapie empfohlen.
Fazit: Die Leitlinie bietet erstmals klare, empirisch fundierte Empfehlungen für wirksame Interventionen für Kinder mit Hörstörungen und impliziert auch fachpädagogische Aspekte. Weitere, hochwertige Therapieforschung ist notwendig und wird durch die Leitlinie angeregt.
Literatur
- 1.
- Hoffmann V, Reichmuth K, Neumann K, Schmitz-Salue C, Schönweiler R. Therapie von Sprachentwicklungsstörungen bei Hörstörungen. In: Neumann et al.; Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie (DGPP), Hrsg. Therapie von Sprachentwicklungsstörungen. Interdisziplinäre S3-Leitlinie, Version 1.1, AWMF-Registernr. 049-015. 2022. pp. 172-2023. Verfügbar unter: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/049-015
- 2.
- Holzinger D, Dall M, Sanduvete-Chaves S, Saldaña D, Chacón-Moscoso S, Fellinger J. The Impact of Family Environment on Language Development of Children With Cochlear Implants: A Systematic Review and Meta-Analysis. Ear Hear. 2020 Sep/Oct;41(5):1077-91. DOI: 10.1097/AUD.0000000000000852