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Open EHR für die Audiologie: Europäische Perspektive
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Published: | March 5, 2024 |
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Während die FAIR-Prinzipien in vielen Bereichen der Medizin zu großen Fortschritten bei der Nutzung sehr großer Mengen von an Patienten gewonnenen Daten geführt haben, die einen leichten Zugriff von Methoden des maschinellen Lernens ermöglichen, hinkt die Audiologie hinterher: Obwohl in lokalen audiologischen Zentren und einschlägigen Kliniken die meisten audiologischen Daten digital gespeichert sind, nutzt jede Klinik und jeder Hersteller von Diagnostik-Geräten einen eigenen Datenstandard, das zu vielen Kompatibilitäts- und Zugänglichkeits-Einschränkungen auch bei Nutzung der eigenen Daten führt.
Hier bietet die in den vorhergehenden Beiträgen (Buhl, Büchner, Wulff) eingeführte Open EHR (Electonic Health Record)- Initiative eine große Chance für die Audiologie in Deutschland und Europa. In diesem Beitrag werden einerseits die verschiedenen Handlungsstränge auf lokaler Ebene (z.B. Exzellenzcluster Hearing4All Odenburg/Hannover), nationaler Ebene (z.B. DGA Diskussionssitzungen) und europäischer Ebene (EFAS Working group) zur Etablierung dieses Standards vorgestellt. Andererseits soll exemplarisch dargestellt werden, welche Fortschritte in der Audiologie aufgrund der Verfügbarkeit großer, einheitlich formatierter Datensätze erzielbar sind, z.B.
- Auditorisches Profil: Klassifikation ähnlicher audiologischer Fälle in wenige, charakteristische Kategorien, die einerseits repräsentativ für möglichst viele Fälle sind, andererseits möglichst den gesamten Datenraum überdecken. Von den rein gemäß des Audiogramms charakterisierten Bisgaard-Profilen wird z.B. in den Arbeiten von Saak et al. (2022, 2023) ebenso die Lautheitswahrnehmung (Recruitment) und das Sprachverstehen im Störschall (SRT) in insgesamt 13 distinkten Profilen berücksichtigt.
- Phänotyp-Genotyp-Korrelation: Die zunehmende Verfügbarkeit von Informationen über mögliche Genvariationen, die zu Schwerhörigkeit führen, erweitern zwar die Diagnostik und Prädiktion von Schwerhörigkeitsverläufen sowie die Ansatzpunkte möglicher Gentherapien deutlich. Ihre Weiterentwicklung, erfordert aber eine genaue Charakterisierung (audiologische Phänotypisierung) einer möglichst großen Gruppe von Patienten, deren Genotyp und Phänotyp umso besser korreliert werden kann, je mehr Daten von Phäno- und Genotyp verfügbar sind. Im laufenden Presage-Projekt (Paris – Oldenburg) wird dieser Ansatz in Richtung auf frühzeitigen altersbedingen Hörverlust betrieben.
- Behandlungsempfehlung und Vorhersage des Nutzens einer technischen Hörhilfe (Hörgerät oder CI): Hier stehen einerseits statistische Verfahren zur Verfügung (s. Beitrag Buhl und Büchner), andererseits ermöglichen Verarbeitungsmodelle (u.a. durch Einsatz von Maschinellem Lernen) hier eine ab-initio-Vorhersage des möglichen Benefits z.B. einer Hörgeräte-Versorgung. Die Überprüfung der zugrundeliegenden Modellannahmen und Parameter sowie die Validierung der Vorhersagen für die klinische Praxis benötigt eine umfangreiche und valide Datenbasis.