gms | German Medical Science

25. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e. V.

01.03. - 03.03.2023, Köln

Einfluss der Grammatikalität von Sätzen auf das Sprachverständnis am Beispiel des Oldenburger Satztests (OlSa)

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Maika Werminghaus - Uniklinik Düsseldorf, Düsseldorf, DE
  • Susann Thyson - Uniklinik Düsseldorf, Düsseldorf, DE
  • Laureen Decker - Universitätklinikum Düsseldorf, Düsseldorf, DE
  • Simone Volpert - Uniklinik Düsseldorf, Düsseldorf, DE
  • Laurenz Althaus - Uniklinik Düsseldorf, Düsseldorf, DE
  • Thomas Klenzner - Uniklinik Düsseldorf, Düsseldorf, DE

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e.V.. 25. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie. Köln, 01.-03.03.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc155

doi: 10.3205/23dga155, urn:nbn:de:0183-23dga1557

Published: March 1, 2023

© 2023 Werminghaus et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Hintergrund: Ziel der Arbeit war es, die Hörleistung von Patient:innen mit CI-Versorgung im OlSa aus linguistischer Perspektive zu untersuchen und zu hinterfragen, ob sich die Fehlerquote bei Patient:innen mit CI bei der Wiedergabe ungrammatischer Sätze im OlSa erhöht. Verben bestimmter Verbklassen erfordern im Deutschen eine jeweils festgelegte Anzahl an weiteren Satzgliedern (sog. Verbvalenz), damit ein Satz grammatisch ist. Friederici und Frisch [1] konnten zeigen, dass die Verbvalenz semantische Prozesse beeinflusst, was sich wiederum auf die syntaktische Verarbeitung auswirkt. Ein dargebotenes Verb wird demnach mit syntaktischen und thematischen Strukturen abgeglichen, um einen lexikalischen Zugriff zu ermöglichen. Syntaktische Ergänzungen sind dann obligatorisch, wenn ihr Weglassen einen Satz ungrammatisch macht [2]. Die Sätze im OlSa berücksichtigen diesen Punkt aus linguistischer Sicht nicht konsequent. So fehlt z.B. bei dem genutzen Verb schenken die Realisierung des Dativobjekts (der beschenkten Person).

Methode: Zur Untersuchung der Forschungsfrage fand zunächst eine Vorstudie statt, in der sowohl grammatische als auch ungrammatische Sätze auditiv präsentiert und durch 18 normalhörende Proband:innen anhand einer Skala bewertet wurden. Die Bewertung erfolgte durch den Vergleich mit einem Referenzsatz, der grammatisch korrekt war. Daraufhin folgte die Beobachtungsstudie, in der mit 10 Patient:innen im Hörzentrum der Universitätsklinik Düsseldorf der OlSa durchgeführt wurde, die Angaben wurden schriftlich dokumentiert und im Anschluss ausgewertet.

Ergebnis: Die Ergebnisse der Vorstudie zeigen, dass die grammatischen Sätze fast immer als „,grammatikalisch genauso gut klingend“ bewertet wurden wie der präsentierte Referenzsatz. Bei ungrammatischen Sätzen waren die Bewertungen weniger eindeutig, doch auch hier war sich der Großteil der Proband:innen in der Bewertung der Sätze als „grammatikalisch schlechter klingend“ im Vergleich zum Referenzsatz einig. In der Hauptstudie lag der Fokus auf dem Zusammenhang zwischen Grammatikalität der Sätze und der gemessenen Fehlerquote in den Wiederholungen. Durch eine statistische Auswertung der Daten konnte kein signifikanter p-Wert ermittelt werden. Es lässt sich somit annehmen, dass die Verwendung ungrammatischer Sätze im OlSa bei CI-Patient:innen keinen Einfluss auf das Sprachverstehen im Störgeräusch hat.

Fazit: Auf Grund der geringen Proband:innenzahl und dem Testsetting des OlSas mit seiner adaptiven 50% Schwelle kann nicht klar festgestellt werden, ob sich der Wechsel zwischen grammatischen und ungrammatischen Sätzen negativ auf das Gesamtergebnis auswirkt. Eine Sicherung der Validität des Testinstruments könnte durch weitere Untersuchungen mit größeren Stichproben geprüft werden. Die Beachtung psycholinguistischer Faktoren auf das Sprachverstehen gesprochener Sprache kann sich in der Testkonstruktion audiometrischer Verfahren vorteilig auswirken.


Literatur

1.
Friederici AD, Frisch S. Verb argument structure processing: the role of verb-specific and argument-specific information. Journal of Memory and Language. 2000;43(3):476-507.
2.
Schäfer R. Einführung in die Grammatische Beschreibung des Deutschen. 3., überarbeitete und erw. Aufl. Zenodo; 2018.