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Auswirkungen einer Laufzeitkorrektur bei bimodal versorgten Personen auf Sprachverstehen, Lateralisation und Wahrnehmbarkeitsschwellen interauraler Zeitdifferenzen
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Published: | March 1, 2023 |
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Einleitung: Bisherige Studien an bimodal versorgten Personen (Cochlea-Implantat (CI) und Hörgerät (HG) auf der gegenüberliegenden Seite) zeigten bei Angleichung der gerätespezifischen interauralen Zeitdifferenzen (ITD) eine signifikant verbesserte Lokalisationsfähigkeit [1], aber keine Verbesserung des Sprachverstehens im Störschall [2]. Es stellt sich die Frage, ob die frequenzunabhängige Laufzeitkompensation welche bei neueren MED-EL Systemen verfügbar ist einen Einfluss auf das Sprachverstehen hat und/oder mit einer Verbesserung Wahrnehmungsschwellen der ITDs (ITD-JNDs) einhergeht.
Methoden: Bislang wurden bei 7 erwachsenen und erfahrenen bimodal versorgten Personen folgende ad-hoc Tests jeweils mit und ohne Laufzeitkompensation durchgeführt: Für Sprach [3] und Noiseburst-Stimuli [1] wurden die ITD-JNDs mittels adaptivem 3-AFC-Verfahren (1-up-2-down) ermittelt. Ebenso wurden mithilfe des Oldenburger Satztests (OLSA) die Sprachverständlichkeitsschwellen (SVS) für 0, 20 und 160 ms Zeitversatz bestimmt. Zusätzlich gaben die Probanden die Lateralisation der beiden Stimuli mit einem Visual Pointer an [4]. Zum Vergleich wurden die SVS-, ITD-JND- und Lateralisations-Messungen bei 7 normalhörenden Probanden entsprechend durchgeführt.
Ergebnisse: Durch die Laufzeitkompensation verbesserte sich der Median des ITD-JND von 40 ms auf 25 ms beim Sprachstimulus und von 25ms auf 14ms beim Noiseburst. Bezüglich des Sprachverstehens im Störschall konnte kein signifikanter Unterschied durch die Laufzeitkompensation festgestellt werden. Erst bei 160 ms Zeitversatz zeigte sich eine signifikante Verschlechterung des Median des SVS von ca. -3,05 auf -0,4 0dB, ohne dass eine Abhängigkeit von der Laufzeitkompensation erkennbar war. Die Laufzeitkompensation verbesserte die Lateralisation weder für den Sprachstimulus noch für den Noiseburst. Die Laufzeitkompensation führte zu einer laufzeitunabhängigen, stärkeren Lateralisation hin zur CI-Seite. Bei den Normalhörenden lag der Median der ITD-JNDs bei 70µs für Sprache bzw. 90 µs für Noisebursts. Die Lateralisation der Normalhörenden lag im physiologischen Bereich von -750µs bis +750µs.
Schlussfolgerung: Die frequenzunabhängige Laufzeitkorrektur des CI verbesserte erwartungsgemäß die Wahrnehmbarkeitsschwellen der ITDs bei bimodal versorgten Personen. Dennoch sind diese im Bereich von 10–20 ms immer noch zwei Ordnungen größer als bei Normalhörenden. Um genauere Aussagen zu treffen, müssen noch weitere Probanden untersucht werden. Es stellt sich die Frage, ob die bei der Laufzeitkorrektur beobachtete, stärkere Lateralisation hin zum CI sich nach einer längeren Gewöhnungsphase wieder normalisiert.
Literatur
- 1.
- Zirn S, Angermeier J, Arndt S, Aschendorff A, Wesarg T. Reducing the device delay mismatch can improve sound localization in bimodal cochlear implant/hearing-aid users. Trends in Hearing. 2019;23:1–13. DOI: 10.1177/2331216519843876
- 2.
- Digeser F. Auswirkungen interauraler Zeitdifferenzen auf das Sprachverstehen bei bimodaler Versorgung. Deutsche Gesellschaft für Audiologie e.V. 23. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie. Köln, 03.-04.09.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020.
- 3.
- Engler M. Bestimmung interauraler Zeitdifferenzen bei bimodaler Versorgung. Deutsche Gesellschaft für Audiologie e.V. 23. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie. Köln, 03.-04.09.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020.
- 4.
- Dietz M, Marquardt T, Stange A, Pecka M, Grothe B, McAlpine D. Emphasis of spatial cues in the temporal fine structure during the rising segments of amplitude-modulated sounds II: single-neuron recordings. Journal of Neurophysiology. 2014;111:1973–85. DOI: 10.1152/jn.00681.2013