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Visuell evozierten Potenziale im Laufe der CI-Versorgung
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Published: | March 1, 2023 |
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Sensorischer Hörverlust und die Versorgung mit einem Cochlea-Implantat (CI) können funktionale Veränderungen sowohl im auditorischen, als auch im visuellen Kortex hervorrufen [1]. Um den Einfluss von deprivations-induzierten Effekten auf das CI-Versorgungsergebnis besser zu verstehen, wurden in einer prospektiven Längsschnittstudie postlingual ertaubte Probanden vor und nach der Cochlea-Implantation mit Elektroenzephalographie (EEG) untersucht. Die CI-Kandidaten (vor CI-Versorgung) und eine Gruppe Normalhörender (NH) führten ein visuelles Oddball-Paradigma (Gesichter-Kategorisierungsaufgabe mit Targets und Nontargets), sowie eine (visuelle) Lippenleseaufgabe mit zweisilbigen Wörtern durch. Sechs Monate später wurden die Studienteilnehmer mit den gleichen visuellen Tests, sowie mit dem (auditorischen) Freiburger Einsilbertest untersucht. Die visuell evozierten Potentiale (VEP), mit topographischen und Quellen-Analysen ausgewertet, wurden zwischen den verschiedenen Bedingungen (Targets vs. Nontargets), Probandengruppen (CI-Kandidaten/CI-Patienten vs. NH) und Zeitpunkten (präoperativ vs. 6 Monate CI-Erfahrung) verglichen, und es wurden Korrelationen zwischen den VEPs und dem Sprachverstehen mit dem CI (nach 6 Monaten Erfahrung) gerechnet. Die Ergebnisse der Patienten zeigten im Vergleich zu den NH an beiden Messzeitpunkten (d.h. präoperativ und 6 Monate CI-Erfahrung) bessere Leistungen im Lippenlesen, jedoch geringere Trefferraten bei der Kategorisierung von statischen Gesichtern. Diese Gruppenunterschiede auf Verhaltensebene wurden durch die VEP-Ergebnisse gestützt, welche für beide Messzeitpunkte eine reduzierte Aktivität im visuellen Kortex bei den Patienten im Vergleich zu den NH belegen. Eine Konnektivitäts-Analyse ergab eine stärkere Vernetzung des visuellen und auditorischen Kortex für die CI-Kandidaten/CI-Patienten, als für die NH. Die Korrelations-Analysen ergaben Zusammenhänge zwischen den VEPs (für beide Zeitpunkte) und dem auditorischen Sprachverstehen nach 6 Monaten CI-Erfahrung, sowohl in der Amplitude, als auch in der Topographie. Zusammenfassend lassen die Ergebnisse vermuten, dass sich die reduzierte Rekrutierung des visuellen Kortex in der sensorischen Verarbeitung (P1) von statischen Gesichtern vor der CI-Versorgung in den ersten 6 Monaten nach Versorgung nicht verändert. Der positive Zusammenhang zwischen den VEPs und dem auditorischen Sprachverstehen lässt vermuten, dass VEPs langfristig dazu beitragen können, schon zum Zeitpunkt vor der CI-Versorgung bessere Prognosen bezüglich des CI-Versorgungsergebnisses zu erstellen.