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Kognitive Veränderungen nach Cochlea-Implantation im Langzeitverlauf
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Published: | March 1, 2023 |
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Eine Hörminderung gilt als einen der modifizierbaren Risikofaktoren für die Entstehung einer Demenz. Erste Studien weisen auf einen positiven Effekt einer Cochlea Implantation (CI) auf die neurokognitiven Fähigkeiten hin; bislang gibt es jedoch wenig Daten zu einem längeren Follow-up. In einer prospektiven Monozenterstudie an 50 erwachsenen CI-Trägern im Alter von 64,5 (SD 9,1) Jahren mit einer beidseitigen, postlingual erworbenen Schwerhörigkeit erfolgte eine neurokognitive Testung präoperativ, 1 und 4,5 (SD 0,5) Jahre nach CI. Desweiteren wurden die beobachteten Verläufe zweier exemplarischer kognitiver Teilbereiche (verzögerte Erinnerung und Arbeitsgedächtnis) mit Hilfe von mehrstufigen Wachstumsmodellen mit 5-Jahres-Längsschnittdaten einer Stichprobe aus der repräsentativen SHARE-Studie verglichen. In der CI-Gruppe zeigten sich im Mittel signifikante Verbesserungen in der Aufmerksamkeit (p=0,001), im verzögerten Erinnern (p=0,001), im Arbeitsgedächtnis (p=0,001), in der Inhibition (p=0,002) und der Wortflüssigkeit (p=0,004) im Langzeitverlauf, auch wenn einzelne Patienten in ihrer kognitiven Performance gleichblieben oder sich verschlechterten. Dabei traten die Veränderungen im 1. Jahr auf und blieben danach stabil. Eine Korrelation zwischen dem Sprachverstehen gemessen am Freiburger Einsilber und den kognitiven Subtests fand sich nicht (p≥0,13). Demgegenüber zeigte die Analyse der Sekundärdaten die erwarteten altersbedingten negativen Trajektorien der Gedächtnisleistung bei recht stabilen Leistungen in der Serial-7-Aufgabe. Betrachtet man die Sekundärdaten als eine Annäherung an eine nicht-experimentelle Vergleichsgruppe, unterstreichen die Ergebnisse die positiven kognitiven Auswirkungen einer CI bei älteren Erwachsenen. Ob diese eine direkte Folge der Hörverbesserung, der p.o. Rehabilitation oder aber indirekt durch eine unspezifische Stimulation der Plastizität des Gehirns bedingt sind, ist zu diskutieren.