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24. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e. V.

14.09. - 17.09.2022, Erfurt

Wie beeinflussen sich interaurale Laufzeitzeit- und Pegeldifferenz beim räumlichen Hören mit Cochlea-Implantaten?

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Sarah Buchholz - Universitätsklinikum Freiburg, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Freiburg, DE
  • Felix Kleinschroth - Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, DE
  • Heika Hildebrandt-Schönfeld - Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, DE
  • Theresa A. Preyer - Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, DE
  • Jan W. Schnupp - City University of Hong Kong, Hong Kong, HK
  • Nicole Rosskothen-Kuhl - Universitätsklinikum Freiburg, Freiburg, DE

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e.V.. 24. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie. Erfurt, 14.-17.09.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc174

doi: 10.3205/22dga174, urn:nbn:de:0183-22dga1746

Published: September 12, 2022

© 2022 Buchholz et al.
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Text

Die normale Schalllokalisation in der horizontalen Ebene basiert hauptsächlich auf zwei binauralen Signalen: interaurale Pegeldifferenzen (ILDs) und interaurale Laufzeitdifferenzen (ITDs). Für bilaterale Cochlea-Implantat (biCI) Patienten stellen die Schalllokalisation und das Sprachverständnis eine große Herausforderung dar. Besonders schlecht ist die ITD-Empfindlichkeit, so dass die meisten BiCI-Patienten fast ausschließlich auf ILDs angewiesen sind. Unsere jüngsten Arbeiten zeigen jedoch, dass neonatal ertaubte Ratten mit synchronisierten biCIs eine ausgezeichnete ITD-Sensitivität entwickeln können. Dieses Projekt untersucht, inwieweit die Sensitivitäten für ILDs und ITDs bei ertaubten Ratten, die von Anfang an mit synchronisiertem biCI-Input versorgt werden, vergleichbar sind und interagieren.

Wir versorgten acht neonatal ertaubte Wistar-Ratten im jungen Erwachsenenalter mit bilateralen CIs. Alle Tiere wurden in einem Verhaltenstest mit zwei alternativen Wahlmöglichkeiten auf die Lateralisation von binauralen CI-Stimuli trainiert. Dabei mussten unsere biCI Ratten Pulsfolgen mit einer Pulsrate von 900 pps lateralisieren, die entweder einzelne ILDs (im Bereich von ±6 dB) oder kovariierende ITDs von \'7b+/- 100, 80, 60, 0\'7d µs und ILDs von \'7b+/-6, 4, 1, 0,5, 0\'7d dB enthielten. Pulsfolgen bei denen die ITDs und ILDs unabhängig voneinander variierten wurden verwendet, um die relative Stärke und die Interaktion dieser beiden binauralen Signale zu bestimmen.

Unsere biCI Tiere entwickelten sowohl eine ausgezeichnete ILD- als auch ITD-Empfindlichkeiten und beide Arten von Richtungssignalen interagierten additiv. Dabei ist anzumerken, dass sehr kleine ITDs von ~80 µs das Lateralisationsurteil eines Tieres ebenso stark beeinflussen können wie relativ große ILDs mit einer elektrischen Impulsamplitude von ~4 dB, womit das Laufzeit-Intensitäts-Interaktions-Verhältnis bei 20 µs/dB liegt.

Elektrisches Hören hat einen sehr limitierten Dynamikbereich. Unsere Ergebnisse zeigen, dass unter synchronen Stimulationsbedingungen ITDs im Vergleich zu ILDs so stark sein können, dass sie selbst die Wahrnehmung großer ILDs beeinträchtigen/stören würden, wenn man nicht ITD-unempfindlich wird. Dies könnte erklären, warum eine schlechte ITD-Empfindlichkeit bei menschlichen BiCI-Patienten mit aktuellen CI-Prozessoren weit verbreitet ist. Diese Ergebnisse liefern einen weiteren Beleg dafür, dass die Unfähigkeit der derzeit klinisch eingesetzten CI-Signalverarbeitungsstrategien, auditorische Informationen in präziser Pulszeit zu kodieren, eine sehr bedeutende technische Einschränkung darstellt.