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24. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e. V.

14.09. - 17.09.2022, Erfurt

Aktuelle Methoden in der Tinnitusdiagnostik

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Birgit Mazurek - Charité - Universitätsmedizin Berlin, Tinnituszentrum, Berlin, DE

Deutsche Gesellschaft für Audiologie e.V.. 24. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie. Erfurt, 14.-17.09.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc028

doi: 10.3205/22dga028, urn:nbn:de:0183-22dga0287

Published: September 12, 2022

© 2022 Mazurek.
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Tinnitus ist ein Symptom des auditorischen Systems und beruht häufig auf einem primären pathophysiologischen Prozess im Innenohr. Pathogenetisch sind jedoch für die Leidensdruckentwicklung extraauditorische Systeme verantwortlich, wie z.B. Hirnregionen für die Stressregulation, die Ruheregulation (Default Mode Network) und die Aufmerksamkeit. Darüber hinaus können beim chronischen Tinnitus zahlreiche Komorbiditäten auftreten, wie z. B. Depression, Angst- und Schmerzerkrankungen.

Eine medizinische Abklärung sollte beim Tinnitus zwingend erfolgen. Die Diagnostik dient der Erfassung von Tinnitusursachen sowie -belastung und zugleich der Abklärung eines gegebenenfalls gleichzeitig bestehenden Hörverlustes.

Die Diagnostik bildet die Grundlage für die Beratung und ggf. die Therapie des Patienten. Es sollte dabei zwischen der notwendigen sowie der im Einzelfall nützlichen Diagnostik unterschieden werden. Die Anamnese ist die Grundlage der jeder Diagnostik und erlaubt eine Einschätzung des Schweregrades sowie der Komorbiditäten. Sinnvolle diagnostische Basisuntersuchungen sind:

  • HNO-ärztliche Untersuchung einschließlich Trommelfellmikroskopie, Nasopharyngoskopie, Tubendurchgängigkeit
  • Tonaudiometrie, ggf. inkl. Höchsttonaudiometrie
  • Unbehaglichkeitsschwelle
  • Bestimmung von Tinnitusintensität (dB HL über der Hörschwelle) und Frequenzcharakteristik (Hz) mittels Schmalbandrauschen und Sinustönen
  • Tympanometrie und Stapediusreflexe, ggf. fakultativ einschließlich Aufzeichnung möglicher atem- oder pulssynchroner Veränderungen
  • Sprachaudiometrie ohne und ggf. mit Störschall
  • Hirnstammaudiometrie (brainstem evoked response audiometry BERA)

Die weiterführende Diagnostik ist individuell nach den Ergebnissen von Anamnese und Basisdiagnostik festzulegen (z.B. dichotischer Test, Kernspintomographie des Schädels, digitale Subtraktionsangiographie oder Angiographie, segmentale Untersuchung der Muskeln und Gelenkfunktionen der HWS, zahnärztliche Funktionsdiagnostik, Dopplersonographie der hirnversorgenden Arterien).

Die tatsächliche Belastung des Patienten durch den Tinnitus ist höchst individuell und kann als Schweregrad nach verschiedenen Kriterien bestimmt werden. Der Belastungsgrad wird in kompensiert (Grad 1 und 2) und dekompensiert (Grad 3 und 4) unterschieden. Die Tinnitusbelastung bestimmt die psychosomatische Therapieindikation.

Aktuellste methodische Diagnostik-Ansätze bei Tinnitus beziehen eine Phänotypisierung, genetische als auch Gender- Aspekte mit ein. Im Hinblick auf die psychosomatische Diagnostik zeigen sich entscheidende weiterführende Entwicklungen in der Fragebogen-Testung - weg vom einzelnen Fragebogen- hin zu Fragebögen über Konstrukte, die aus spezifischen Items verschiedener Fragebögen zusammengesetzt werden. In der molekularbiologischen Diagnostik bei Tinnitus (z. B. BDNF, Cortisol) sind weitere Schritte unternommen worden, um eine diagnostische Zuordnung und therapeutisches Herangehen zu verbessern.