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58. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

26.09. - 28.09.2024, Würzburg

Welche Erwartungen und Erfahrungen gibt es bei hausärztliche Patient:innen mit der Erstellung von Advance-Care-Planning-Dokumenten? Eine qualitative Studie (evaACP)

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Alexandra Schmidt - Universität Witten/Herdecke, Lehrstuhl für Allgemeinmedizin II und Patientenorientierung in der Primärversorgung, Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag), Witten, Deutschland
  • Klaus Weckbecker - Universität Witten/Herdecke, Lehrstuhl für Allgemeinmedizin I und Interprofessionelle Versorgung, Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag), Witten, Deutschland
  • Jürgen in der Schmitten - Universität Duisburg-Essen, Medizinische Fakultät, Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Essen, Deutschland
  • Kornelia Götze - Medizinische Fakultät und Universitätsklinikum Düsseldorf, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Institut für Allgemeinmedizin (ifam)
  • Achim Mortsiefer - Universität Witten/Herdecke, Lehrstuhl für Allgemeinmedizin II und Patientenorientierung in der Primärversorgung, Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag), Witten, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 58. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Würzburg, 26.-28.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocP-04-05

doi: 10.3205/24degam195, urn:nbn:de:0183-24degam1959

Published: September 23, 2024

© 2024 Schmidt et al.
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Text

Hintergrund: Advance Care Planning (ACP) ist ein neues Konzept, in dem Patient:innen mittels qualifizierter Gesprächsbegleitung befähigt werden, wirksame und valide informierte Entscheidungen über zukünftige medizinische Behandlungen bei Einwilligungsunfähigkeit zu treffen. Diese Entscheidungen werden in eigens konzipierten Patientenverfügungen festgehalten. In Hausarztpraxen finden qualifizierte ACP-Gespräche selten statt.

Fragestellung: Welche Erwartungen und Erfahrungen berichten erwachsene hausärztliche Patient:innen vor und nach einer qualifizierten ACP-Gesprächsbegleitung?

Methoden: Die Studie erfolgte mit Patient:innen zweier Hausarztpraxen, in denen zertifizierte ACP-Gesprächsbegleitende tätig sind. Mit 8 Patient:innen wurden qualitative Telefoninterviews zu 3 Zeitpunkten durchgeführt. Die Interviews fanden vor und unmittelbar nach einer ACP-Gesprächsbegleitung statt sowie 12 Monate später. Die Daten wurden mittels inhaltlich strukturierender qualitativer Inhaltsanalyse nach Kuckartz ausgewertet.

Ergebnisse: Es haben 8 Patient:innen (6 weiblich, Alter 55–79 Jahre) teilgenommen. Die Motivation zur Erstellung einer Verfügung bestand in gesundheitlichen Ereignissen (eigene oder im nahen Umfeld), es wird jedoch von einer Überforderung mit der Erstellung gesprochen. Unter einer „Patientenverfügung“ verstehen die Patient:innen vor allem eine Absicherung vor Behandlungen, die nicht gewollt sind. Nach der Gesprächsbegleitung in der Hausarztpraxis äußern sich die Patient:innen zufrieden und erleichtert über die erledigte Dokumentation. Dabei werden Gefühle von Sicherheit im Behandlungsprozess sowie von Handlungsmacht im Falle der eigenen Einwilligungsunfähigkeit betont. Nach den Gesprächen besteht der Wunsch, über die besprochenen Behandlungswünsche und Entscheidungen mit Angehörigen (auch Bevollmächtigten) zu sprechen. Ein Jahr später zeigt sich, dass wenig über festgehaltene Wünsche und Entscheidungen gesprochen wurde; als Grund wird angegeben, der richtige Zeitpunkt habe sich nicht ergeben.

Diskussion: Das ACP-Gespräch mit seiner gemeinsamen Erarbeitung von Behandlungswünschen für den Fall lebensbedrohlicher Erkrankungen wurde durchweg positiv wahrgenommen, jedoch wenig außerhalb der Gesprächsbegleitung fortgeführt. Dies unterstreicht die Bedeutung eines strukturierten Rahmens für solche Gespräche, um Klarheit zu schaffen und Wünsche für die Zukunft zu dokumentieren.

Take Home Message für die Praxis: Der Kommunikationsprozess bei der ACP-Dokumentenerstellung ist von zentraler Bedeutung, um informierte Entscheidungen über mögliche zukünftige Behandlungen treffen zu können.