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58. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

26.09. - 28.09.2024, Würzburg

Palliativmedizinische Versorgungsqualität bei COPD, Demenz, ALS und onkologischer Erkrankung in Pflegeheimen und häuslicher Pflege: Retrospektive Analyse von BARMER-Daten (2016–2019)

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Ekaterina Slotina - Universitätsklinikum Jena, Institut für Allgemeinmedizin, Jena, Deutschland
  • Franziska Meißner - Universitätsklinikum Jena, Institut für Allgemeinmedizin, Jena, Deutschland
  • Bianka Ditscheid - Universitätsklinikum Jena, Institut für Allgemeinmedizin, Jena, Deutschland
  • Ariane Wiese - Universitätsklinikum Jena, Institut für Allgemeinmedizin, Jena, Deutschland
  • Jonas Hezel - Universitätsklinikum Jena, Institut für Allgemeinmedizin, Jena, Deutschland
  • Ursula Marschall - BARMER, Institut für Gesundheitssystemforschung, Deutschland
  • Ulrich Wedding - Universitätsklinikum Jena, Abteilung für Palliativmedizin, Jena, Deutschland
  • Antje Freytag - Universitätsklinikum Jena, Institut für Allgemeinmedizin, Jena, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 58. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Würzburg, 26.-28.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocV-20-02

doi: 10.3205/24degam105, urn:nbn:de:0183-24degam1050

Published: September 23, 2024

© 2024 Slotina et al.
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Text

Hintergrund: Palliativversorgung kommt bei Versicherten mit onkologischen Erkrankungen deutlich häufiger zum Einsatz als bei nicht-onkologischen Erkrankungen. Wenig bekannt ist, inwieweit bei palliativversorgten Patient:innen belastende Versorgung stattfindet und ob Unterschiede in Abhängigkeit von Erkrankungen bestehen.

Fragestellung: Diese Studie untersucht die Versorgung im letzten Lebensmonat bei Versicherten mit onkologischen und nicht-onkologischen Grunderkrankungen wie amyotropher Lateralsklerose (ALS), chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) und Demenz, auch unter Berücksichtigung des Versorgungssettings (Pflegeheim versus häusliche Umgebung).

Methoden: Es wurde eine populationsbasierte, retrospektive Analyse von 2016–2019 verstorbenen palliativversorgten Versicherten der BARMER mit COPD (n=4.036), Demenz (n=40.853) oder ALS (n=608) durchgeführt. Mittels logistischer Regressionsanalysen wurde die Versorgungsqualität bei diesen Versicherten mit derjenigen von Versicherten mit onkologischer Erkrankung (n=58.315) verglichen. Die Settingeffekte wurden im Rahmen von Interaktionsanalysen untersucht. Als Outcomeparameter wurden validierte Qualitätsindikatoren wie Krankenhaus- und Intensivstationsaufenthalte, Rettungsdiensteinsätze im letzten Lebensmonat sowie der Sterbeort verwendet.

Ergebnisse: Versicherte mit COPD, Demenz, ALS hatten jeweils im Vergleich zu Versicherten mit onkologischen Erkrankungen häufigere Rettungsdiensteinsätze (40,4%, 28,4%, 29,0% vs. 24,4%, jeweils p<.05) und starben aber seltener im Krankenhaus (exkl. Palliativstationen, 38,2%, 15,3%, 25,7% vs. 40,3%, jeweils p<.05). Unterschiede zeigten sich bei Intensivstation- (13,6%, 3,4%, 6,1% vs. 4,3%, jeweils p<.05) und Krankenhausaufenthalten (42,7% bei COPD vs. 31,5% bei onkologisch Erkrankten, p<.001). Settingeffekte fallen bei COPD, Demenz sowie z.T. auch bei ALS schwächer aus als bei onkologisch Erkrankten, jedoch zeigte sich in allen Erkrankungsgruppen dasselbe Muster: bei in der Häuslichkeit versorgten Versicherten fielen die Raten in allen Qualitätsindikatoren höher aus als bei Versicherten im Pflegeheim.

Diskussion: Die Ergebnisse deuten auf bedeutsame Unterschiede in der Versorgungsqualität in Abhängigkeit von der Erkrankung hin. Eine Betreuung im Pflegeheim scheint regelhaft eine protektive Wirkung in Hinblick auf belastender Versorgung am Lebensende zu haben.

Take Home Message für die Praxis: Insbesondere in der Häuslichkeit lebende nicht-onkologisch Erkrankte sind am Lebensende nicht nur seltener, sondern auch schlechter versorgt, als onkologisch Erkrankte. Diese Schieflage sollten palliativ Versorgende zukünftig stärker in den Blick nehmen.