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Kommen Universitätskliniken ihrer Schutzpflicht für Studierende nach? Erhebung wahrgenommener Diskriminierungserfahrungen an der Universitätsmedizin Rostock
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Published: | September 23, 2024 |
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Hintergrund: Internationale Untersuchungen zeigen, dass 60% der Medizinstudierenden Diskriminierung im Rahmen ihres Studiums erfahren. Gleichzeitig fehlen überwiegend an den Universitätskliniken adäquate Hilfsstrukturen. Vor diesem Hintergrund stellte sich die Frage nach dem Ausmaß der wahrgenommenen Diskriminierung von Studierenden an der Universitätsmedizin Rostock (UMR).
Fragestellung: Aufgrund welcher vermeintlichen Merkmale und wie häufig erfahren Studierende der UMR Diskriminierung? Welche universitären Hilfsangebote sind den Betroffenen bekannt? Werden diese als hinreichend empfunden?
Methoden: Die aktuell noch laufende Datenerhebung erfolgt mittels eines Online-Fragebogens. Dieser wurde pilotiert (n=21) und an alle Studierenden der UMR versendet (Humanmedizin, Zahnmedizin, Hebammenwissenschaften, Medizinische Biotechnologie, Intensivpflege; n= ca. 3.000). Es werden sozioökonomische Daten, die subjektive Wahrnehmung von Diskriminierung im eigenen Studiengang und Individualerfahrungen erfasst. Es erfolgten erste deskriptivstatistische Analysen. Die bisher vorliegenden offenen Antworten wurden mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet.
Ergebnisse: Von bisher 245 Teilnehmenden (Erfassungszeitraum 12/2023 bis 02/2024) gaben 61% an, mindestens eine Person zu kennen, die von Diskriminierung betroffen war. Insgesamt waren 41% selbst betroffen (81% weiblich). Am häufigsten wurden die Befragten aufgrund ihres „Geschlechtes“ (73%), des „Aussehens/Erscheinungsbildes“ (31%) und des „Alters“ (21%) diskriminiert. Am zahlreichsten ging Diskriminierung von „Lehrenden“ (75%), „Vorgesetzten“ (43%) und „Patient:innen“ (35%) aus. Mehrheitlich besprachen Betroffene die Erlebnisse im privaten Umfeld. 80% waren unsicher, wo sie Hilfe in Anspruch nehmen können. Nach abgeschlossener Datenerhebung im Sommersemester 2024 erfolgt eine vollständige Datenanalyse bis zum Kongress.
Diskussion: Trotz der universitären Schutzpflicht für Studierende (§12 AGG) gibt es in Lehrveranstaltungen Diskriminierung durch Lehrende ohne ausreichende Hilfsangebote für Betroffene. Diskriminierung in Lehrveranstaltungen und an Ausbildungsstätten erfordert die Implementierung selbstreflexiver und antidiskriminierender Lehrinhalte sowie Anlaufstellen in der Ausbildung, auf welche Studierende angemessen aufmerksam gemacht werden müssen.
Take Home Message für die Praxis: Ein reflexiver und sensibilisierender Umgang mit Diskriminierung im medizinischen Sektor sowie die Verbesserung der Rahmenbedingungen innerhalb der Lehre müssen obligatorischer Bestandteil der medizinischen Aus- und Weiterbildung werden.