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58. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

26.09. - 28.09.2024, Würzburg

Gibt es einen Zusammenhang zwischen lokalen Symptomen und einer Struma?

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Jean-François Chenot - Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine/Abteilung Allgemeinmedizin, Greifswald, Deutschland
  • Till Ittermann - Universitätsmedizin Greifswald, Study of Health in Pomerania – Klinisch-epidemiologische Forschung, Greifswald, Deutschland
  • Henry Völzke - Universitätsmedizin Greifswald, Study of Health in Pomerania – Klinisch-epidemiologische Forschung, Greifswald, Deutschland
  • Simone Kiel - Universitätsmedizin Greifswald, Institut für Community Medicine/Abteilung Allgemeinmedizin, Greifswald, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 58. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Würzburg, 26.-28.09.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocV-08-01

doi: 10.3205/24degam042, urn:nbn:de:0183-24degam0420

Published: September 23, 2024

© 2024 Chenot et al.
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Text

Hintergrund: Von Gutekunst wurde 1988 basierend auf einer kleinen Stichprobe die Obergrenze für eine sonographisch vermessene „normale“ Schilddrüse für Frauen bei 18 ml und für Männer bei 25 ml festgelegt. Diese Festlegung wurde international übernommen. Größere auch nicht-sichtbare Schilddrüsen werden seitdem pathologisierend als Struma bezeichnet, ohne dass Symptome oder andere relevante Nachteile für sog. Strumen belegt sind.

Fragestellung: Gibt es einen Zusammenhang zwischen Schilddrüsenvolumen und Schluckbeschwerden, Atemnot oder Erstickungsgefühl?

Methoden: Datengrundlage für die Volumen der Schilddrüsen sind zwei Kohorten der bevölkerungsbasierten SHIP-Studie bei denen die Schilddrüsenvolumen sonographisch gemessen wurden. Patienten nach Thyreodektomie oder Radioiodtherapie wurden ausgeschlossen. Alle Teilnehmer beantworteten den Befindlichkeitsfragebogen von Zerrsen der unter anderem Kloßgefühl, Schluckbeschwerden, anfallsweise Atemnot und Erstickungsgefühl mit einer 4-stufigen Likert-Skala erfasst. Ein Zusammenhang mit Symptomen mit und ohne Struma wurde mit Fisher-Exact-Test untersucht.

Ergebnisse: Die Schilddrüsen von 8.671 Menschen (Frauenanteil 51%, Durchschnittsalter 51 Jahre) wurden vermessen von denen 3.000 (34,6%) nach der Definition von Gutekunst eine Struma hatten. Unabhängig von der Struma gaben 8,7% (752/8.594) ein mäßig bis starkes Kloßgefühl an, 5,5% (478/8.609) mäßig bis starke anfallsweise Atemnot, 3,8% (330/8.603) mäßig bis starke Schluckbeschwerden und 1,5% (123/8.595) eine mäßig bis starkes Erstickungsgefühl. Es zeigte sich keine Korrelation zwischen einer sog. Struma und den Symptomen. Insgesamt gaben 1.088 (12%) der Teilnehmer eine Schilddrüsenerkrankung an. Von denen 457 (15%) eine Struma laut Gutekunst hatten.

Diskussion: Die Referenzwerte für Schilddrüsenvolumen sind zu niedrig für die deutsche Bevölkerung und korrelieren nicht mit lokalen Beschwerden. Internationale Studien zeigen eine hohe Variabilität des Schilddrüsenvolumens. Der pathologisierende Begriff Struma sollte bei nicht-sichtbarer Schilddrüse aufgegeben werden, solange der Krankheitswert eines bestimmten Schilddrüsenvolumens nicht besser belegt ist.

Take Home Message für die Praxis: Die etablierten oberen Referenzwerte für Schilddrüsenvolumen sind zu niedrig und korrelieren nicht mit Symptomen.

Die Indikation zur Schilddrüsensonographie sollte zurückhaltend gestellt werden.