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57. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

28. - 30.09.2023, Berlin

Wie gut hilft die Digitalisierung im Gesundheitswesen hausärztlicher Forschung? Konsequenzen aus einem Sekundärdatenprojekt

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Johannes Hauswaldt - Georg-August-Universität, Universitätsmedizin Göttingen, Institut für Allgemeinmedizin, Göttingen, Deutschland
  • Jendrik Richter - Georg-August-Universität, Universitätsmedizin Göttingen, Institut für Medizinische Statistik, Göttingen, Deutschland
  • Marius Koch - Georg-August-Universität, Universitätsmedizin Göttingen, Institut für Medizinische Statistik, Göttingen, Deutschland
  • Frank Herbert - Georg-August-Universität, Universitätsmedizin Göttingen, Institut für Medizinische Statistik, Göttingen, Deutschland
  • Dagmar Krefting - Georg-August-Universität, Universitätsmedizin Göttingen, Institut für Medizinische Statistik, Göttingen, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 57. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Berlin, 28.-30.09.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocOS-03-02

doi: 10.3205/23degam257, urn:nbn:de:0183-23degam2576

Published: September 27, 2023

© 2023 Hauswaldt et al.
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Text

Hintergrund: Ein Ziel der Digitalisierung im Gesundheitswesen ist, Daten aus der Gesundheitsversorgung so aufzubereiten, dass sie sich auch für nachfolgende Forschungszwecke eignen. Dass dies ambulant technisch und organisatorisch im Prinzip möglich ist, auch unter Beachtung der Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung, belegen die DFG-geförderten RADAR-Projekte. Ausnahmslos fehlen jedoch geeignete, offene und interoperable Schnittstellen, überhaupt etablierte, einheitliche und transparente Strukturen und Prozesswege, um rechtskonform Praxis-Routinedaten zu extrahieren, zu transformieren und in einer Forschungs-Zieldatenbank abzulegen.

Fragestellung: Sind datenschutzkonforme, offene, standardisierte und zeitnahe Lösungen auffindbar, um syntaktische und semantische Gegebenheiten der Datenverarbeitung in deutschen Praxisverwaltungssystemen für systematische, longitudinale und reproduzierbare Sekundärdatenanalysen zu nutzen?

Methoden: Vergleichend stellen wir bestehende offene und zukünftig absehbare Datenmodelle aus stationären und ambulanten Settings einander in semantischer Hinsicht gegenüber. Insbesondere untersuchen wir vorhandene und kommende Schnittstellen zu elektronischen Gesundheitsdaten und bewerten sie für die sekundäre wissenschaftliche Nutzung.

Ergebnisse: Gegenwärtig erfolgt der informationstechnologische Übergang von xDT-Schnittstellen zu syntaktischen Ressourcen unter HL7/FHIR auch im ambulanten Versorgungsbereich. Ein einheitliches Informationsmodell für eine Archiv- und Wechselschnittstelle (AWST) nach § 371 SGB V und medizinische Informationsobjekte (MIOs) setzen eine seit langem begonnene Objektstrukturierung fort. Wir fanden 11 semantische Gruppen, sie sind mit den Basismodulen des Kerndatensatzes der Medizininformatik-Initiative (MII), den KBV-Basismodulen und der AWST vergleichbar.

Zumindest konzeptionell wegweisend ist, wie in der Telematik-Infrastruktur personenbezogene Gesundheitsdaten in einer elektronischen Patientenakte (ePA) zentral zusammengeführt und aggregiert über das Forschungsdatenzentrum beim BfArM für sekundäre wissenschaftliche Nutzung verfügbar gemacht werden sollen. Aus Nutzerperspektive jedoch ist die Realisierung einer ePA gegenwärtig nicht einmal im Ansatz erkennbar oder in naher Zukunft breit verfügbar.

Diskussion: Das reproduzierbare Gewinnen und sekundäre Nutzen von Routinedaten aus der ambulanten Versorgung für Forschung ist kaum noch ein technisches oder semantisches Problem. Das Fehlen einer verlässlichen Zeitperspektive für unverzichtbar erforderliche gesetzgeberische, regulatorische und standardisierte Voraussetzungen verhindert die Einrichtung verbindlicher Infrastrukturen für Forschungsprojekte mit Routinedaten im ambulanten Bereich.

Take Home Message für die Praxis: Offene, standardisierte Schnittstellen fehlen