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Prävalenz und zeitliche Trends potentiell arzneimittelbedingter Krankenhausaufnahmen
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Published: | September 27, 2023 |
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Hintergrund: In Europa treten jährlich etwa 8,6 Millionen potentiell arzneimittelbedingte Krankenhausaufnahmen auf, von denen etwa die Hälfte als vermeidbar gilt. Mit zunehmendem Alter steigt auch die Anzahl multimorbider Patient:innen, sodass in dieser Patientenpopulation Multimedikation eher die Regel als eine Ausnahme ist. Demzufolge steigt das Risiko für Wechselwirkungen, was wiederum unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) begünstigt. Zwar ist bekannt, dass Multimedikation das Risiko für UAW erhöht, der Effekt von Innovationen zum Umgang mit Multimedikation auf potentiell arzneimittelbedingte Krankenhausaufnahmen ist jedoch bisher wenig untersucht, u.a. da bisher effiziente Methoden zur Erhebung dieses Endpunktes fehlen.
Fragestellung: Wie häufig traten zwischen 2010 und 2020 potentiell arzneimittelbedingte Krankenhausaufnahmen auf und wie ist deren zeitlicher Verlauf?
Methoden: Wir führen eine Zeitreihe in einer elektronischen populationsbezogenen Datenbank durch, um die Prävalenz potenziell arzneimittelbedingter Krankenhausaufnahmen in zwei benachbarten schottischen Gesundheitsregionen (NHS Tayside und Fife) zu ermitteln. Potenziell arzneimittelbedingte Krankenhausaufnahmen werden als ‚Ereignis-Arzneimittel‘-Paare definiert, d. h. eine Einweisung aufgrund eines unerwünschten Ereignisses mit aktueller Exposition gegenüber einem Arzneimittel, das in einem möglichen kausalen Zusammenhang mit diesem Ereignis steht. Relevante Ereignisse und zugehörige Arzneimittel werden durch einen Expertenkonsens präspezifiziert. Änderungen im zeitlichen Verlauf erfassen wir mithilfe von Joinpoint-Regression.
Ergebnisse: Die Datenauswertung ist noch nicht abgeschlossen. Erste Ergebnisse werden zum Kongressbeginn vorliegen.
Diskussion: Im Untersuchungszeitraum wurden in Schottland umfangreiche Initiativen zur Verbesserung des angemessenen Einsatzes von Multimedikation implementiert. Wie auch in Deutschland wurden Leitlinien zum Umgang mit Multimedikation entwickelt, aber zusätzlich auch Maßnahmen ergriffen, um deren Implementierung zu unterstützen, wie beispielsweise die Implementierung von digitalen Instrumenten zur Identifikation von Risikopatienten. Unsere Untersuchung liefert Hinweise, inwieweit solche systemweiten Innovationen medikationsspezifische und in Routinedaten messbare klinische Endpunkte auf Bevölkerungsebene beeinflussen können.
Take Home Message für die Praxis: Multimedikation ist ein wachsendes, aber in ihren klinischen Auswirkungen noch immer wenig verstandenes Problem. Unsere Untersuchung liefert Erkenntnisse zur Inzidenz und Beeinflussbarkeit potenziell arzneimittelbedingter Krankenhausaufnahmen. Durch Vergleiche mit Daten aus Deutschland lassen sich möglicherweise Verbesserungspotenziale für beide Gesundheitssysteme identifizieren.