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Gesundheitsmotivation – ihre Neuropsychologie und Mehrdimensionalität
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Published: | September 27, 2023 |
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Hintergrund: Patient:innen scheinen häufig kaum motiviert, für ihre Gesundheit selbst aktiv zu werden. Die Ärzt:innen sollen sie bitte gesund machen. In der Bezeichnung „Gesundheitsversorgung“ ist diese Haltung gesellschaftliches Allgemeingut geworden, auch auf der Seite der „Versorger“. Bedeutet dies, dass Patient:innen keinen intrinsischen Beweggrund (Motivation) zur Gesundung haben? Oder ist dieser unter anderen Motiven verborgen? Die Motivationspsychologie und Hirnforschung hat auf diese Fragen noch keine klare Antwort. In Lehrbüchern zur Motivationspsychologie gibt es (noch) keine Motivation zur Gesundheit.
Fragestellung: Ist (Gesundheits-)Verhalten die Folge von Bedrohung und Belohnung? Oder gibt es eine Motivation zur gesunden Entwicklung? Falls ja: welche?
Methoden: Sichtung und Untersuchung motivationspsychologischer und neurobiologischer Erkenntnisse auf innere Kohärenz und Übereinstimmung mit Erfahrungen in Therapie und Beratung.
Ergebnisse: Es gibt drei Grundmotivationen und neuro-motivationale Einstellungen, die in mindestens vier Lebensdimensionen (physisch, sozial, kulturell und global) zu unterschiedlichen Aktivitäten veranlassen: die Kohärenz-, Appetenz- und Aversionsmotivation. Diese Grundmotivationen veranlassen sowohl zu äußerlich sichtbarem Verhalten als auch zu Stoffwechseleinstellungen und Genaktivitäten. Sie sind eine Übertragungsstelle vom psychischen Erleben zur Somatik. Mittels geeigneter kommunikativer Anreize kann auch die gesundheitsförderliche Kohärenzmotivation angeregt werden.
Diskussion: Ist es angebracht, auch bei der Veranlassung zu impliziten Selbstregulations- und Heilungsvorgängen (wie z.B. einer Wundheilung) von „Motivation“ zu sprechen? Braucht es zur Motivation nicht immer auch eine Belohnung oder Bestrafung? Mit einem erweiterten Verständnis von Motivation werden wir dem Umstand gerecht, dass implizite und explizite Aktivitäten des Organismus zwar oft zu unterscheiden aber nicht zu trennen sind. Physische, emotionale und mentale Aktivitäten stellen unterschiedliche Aktivitätsebenen dar. Sie spielen für die gesunde Entwicklung zusammen und sind alle bis hin zu Genaktivitäten Folge von Veranlassung (=Motivation).
Take Home Message für die Praxis: Eine innere Einstellung im motivationalen Kohärenzmodus auf Achtsamkeit, Vertrauen, Stimmigkeit und Gelassenheit kann Heilungsvorgänge (wie auch Placebowirkungen) wahrscheinlicher machen.