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Hausärztliche Versorgung ukrainischer Geflüchteter: Erfahrungen und Bedarfe von Hausärzt:innen in Deutschland (RefUGe-Studie)
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Published: | September 27, 2023 |
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Hintergrund: Seit dem Kriegsbeginn in der Ukraine sind über 1 Millionen Menschen aus der Ukraine in Deutschland als Geflüchtete registriert. Diese Geflüchteten können aufgrund von Unterschieden im Gesundheitssystem, Krankheitsprävalenzen, Präventionsmaßnahmen, Gesundheitsverhalten sowie Fluchterfahrungen andere Gesundheitsbedarfe als deutsche Patient:innen aufweisen. Hausärzt:innen als häufig erste Anlaufstelle wurden jedoch kaum auf den Kontakt vorbereitet.
Fragestellung: Erstmalig wurden Behandlungskontakte, Herausforderungen in der Behandlung ukrainischer Geflüchteter sowie Informations- und Unterstützungsbedarfe unter Hausärzt:innen erhoben.
Methoden: Von Juli bis August 2022 wurde eine online-gestützte, fragebogenbasierte Querschnittsstudie unter Hausärzt:innen in Deutschland durchgeführt. Die Daten wurden mittels IBM SPSS Statistics deskriptiv ausgewertet.
Ergebnisse: 82 Hausärzt:innen haben bei einer Rücklaufquote von 16,0% teilgenommen. 52 der teilnehmenden Hausärzt:innen haben in den letzten zwei Wochen ukrainische Geflüchtete behandelt, 75,0% davon gaben Schwierigkeiten bzw. Besonderheiten in der Versorgung an, vor allem in der Kommunikation (61,5%), aufgrund fehlender Informationen zu Vorerkrankungen (34,6%), Erwartungen an zur Verfügung zu stellende Leistungen (30,8%). Unter 59,8% der 82 Teilnehmenden bestehen Bedarfe an mehrsprachigen Informationen für Patient:innen, v.a. über das Gesundheitssystem Deutschlands, Hilfe bei psychischen Beschwerden, Kontaktstellen, Unterschiede im Arzneimittelumgang. Informationen für das Praxisteam werden in 37,8% der Fälle benötigt, vor allem zu Sprachbarrieren, Impfquoten in der Ukraine und Umgang mit fehlenden Impfunterlagen sowie Arzneimittellisten.
Diskussion: Aufgrund der genannten Versorgungsbarrieren benötigen hausärztliche Praxen Unterstützung. Informationen für Praxisteams sowie deren Vernetzung mit psychotherapeutischen Angeboten, Kontaktstellen, Arzneimitteldatenbanken und Dolmetscherangeboten werden dringend benötigt. Mehrsprachige Informationen für ukrainische Patient:innen sollten verbreitet werden.
Take Home Message für die Praxis:
- Drei Viertel der teilnehmenden Hausärzt:innen mit Kontakt zu ukrainischen Patient:innen geben Schwierigkeiten in der Versorgung an, v.a. in der Kommunikation, bezüglich fehlender Informationen zu Vorerkrankungen, Erwartungen an zur Verfügung zu stellende Leistungen sowie unbekannten Medikamenten.
- Es bestehen umfangreiche Informationsbedarfe für Patient:innen und Praxisteams.
- Hausärztliche Praxen benötigen Zugang und Abrechnungsmöglichkeiten von Dolmetscherleistungen. Eine bessere Vernetzung mit fremdsprachigen Psychotherapeut:innen, Kontaktstellen, Informationsangeboten sowie Arzneimitteldatenbanken sollte erfolgen.