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57. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

28. - 30.09.2023, Berlin

Hausärztliche Versorgung ukrainischer Geflüchteter: Erfahrungen und Bedarfe von Hausärzt:innen in Deutschland (RefUGe-Studie)

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Judith Tillmann - Universität Witten/Herdecke, Lehrstuhl für Allgemeinmedizin II und Patientenorientierung in der Primärversorgung, Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (IAMAG), Witten, Deutschland
  • Eva Münster - Universität Witten/Herdecke, Lehrstuhl für Allgemeinmedizin II und Patientenorientierung in der Primärversorgung, Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (IAMAG), Witten, Deutschland
  • Paul Wiesheu - Universität Witten/Herdecke, Lehrstuhl für Allgemeinmedizin II und Patientenorientierung in der Primärversorgung, Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (IAMAG), Witten, Deutschland
  • Markus Bleckwenn - Medizinische Fakultät, Universität Leipzig, Selbstständige Abteilung für Allgemeinmedizin, Leipzig, Deutschland
  • Tobias Deutsch - Medizinische Fakultät, Universität Leipzig, Selbstständige Abteilung für Allgemeinmedizin, Leipzig, Deutschland
  • Klaus Weckbecker - Universität Witten/Herdecke, Lehrstuhl für Allgemeinmedizin II und Patientenorientierung in der Primärversorgung, Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (IAMAG), Witten, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 57. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Berlin, 28.-30.09.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocP-02-04

doi: 10.3205/23degam158, urn:nbn:de:0183-23degam1584

Published: September 27, 2023

© 2023 Tillmann et al.
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Text

Hintergrund: Seit dem Kriegsbeginn in der Ukraine sind über 1 Millionen Menschen aus der Ukraine in Deutschland als Geflüchtete registriert. Diese Geflüchteten können aufgrund von Unterschieden im Gesundheitssystem, Krankheitsprävalenzen, Präventionsmaßnahmen, Gesundheitsverhalten sowie Fluchterfahrungen andere Gesundheitsbedarfe als deutsche Patient:innen aufweisen. Hausärzt:innen als häufig erste Anlaufstelle wurden jedoch kaum auf den Kontakt vorbereitet.

Fragestellung: Erstmalig wurden Behandlungskontakte, Herausforderungen in der Behandlung ukrainischer Geflüchteter sowie Informations- und Unterstützungsbedarfe unter Hausärzt:innen erhoben.

Methoden: Von Juli bis August 2022 wurde eine online-gestützte, fragebogenbasierte Querschnittsstudie unter Hausärzt:innen in Deutschland durchgeführt. Die Daten wurden mittels IBM SPSS Statistics deskriptiv ausgewertet.

Ergebnisse: 82 Hausärzt:innen haben bei einer Rücklaufquote von 16,0% teilgenommen. 52 der teilnehmenden Hausärzt:innen haben in den letzten zwei Wochen ukrainische Geflüchtete behandelt, 75,0% davon gaben Schwierigkeiten bzw. Besonderheiten in der Versorgung an, vor allem in der Kommunikation (61,5%), aufgrund fehlender Informationen zu Vorerkrankungen (34,6%), Erwartungen an zur Verfügung zu stellende Leistungen (30,8%). Unter 59,8% der 82 Teilnehmenden bestehen Bedarfe an mehrsprachigen Informationen für Patient:innen, v.a. über das Gesundheitssystem Deutschlands, Hilfe bei psychischen Beschwerden, Kontaktstellen, Unterschiede im Arzneimittelumgang. Informationen für das Praxisteam werden in 37,8% der Fälle benötigt, vor allem zu Sprachbarrieren, Impfquoten in der Ukraine und Umgang mit fehlenden Impfunterlagen sowie Arzneimittellisten.

Diskussion: Aufgrund der genannten Versorgungsbarrieren benötigen hausärztliche Praxen Unterstützung. Informationen für Praxisteams sowie deren Vernetzung mit psychotherapeutischen Angeboten, Kontaktstellen, Arzneimitteldatenbanken und Dolmetscherangeboten werden dringend benötigt. Mehrsprachige Informationen für ukrainische Patient:innen sollten verbreitet werden.

Take Home Message für die Praxis:

  • Drei Viertel der teilnehmenden Hausärzt:innen mit Kontakt zu ukrainischen Patient:innen geben Schwierigkeiten in der Versorgung an, v.a. in der Kommunikation, bezüglich fehlender Informationen zu Vorerkrankungen, Erwartungen an zur Verfügung zu stellende Leistungen sowie unbekannten Medikamenten.
  • Es bestehen umfangreiche Informationsbedarfe für Patient:innen und Praxisteams.
  • Hausärztliche Praxen benötigen Zugang und Abrechnungsmöglichkeiten von Dolmetscherleistungen. Eine bessere Vernetzung mit fremdsprachigen Psychotherapeut:innen, Kontaktstellen, Informationsangeboten sowie Arzneimitteldatenbanken sollte erfolgen.