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57. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

28. - 30.09.2023, Berlin

Einstellungen, Erfahrungen und Erwartungen von Allgemeinmedizinern in Bezug auf hausarztbasierte Leitlinien – eine explorative Befragung

Meeting Abstract

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  • presenting/speaker Rick Rusert - Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Zentrum für Allgemeinmedizin und Geriatrie, Mainz, Deutschland
  • Michael Jansky - Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Zentrum für Allgemeinmedizin und Geriatrie, Mainz, Deutschland
  • Julian Wangler - Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Zentrum für Allgemeinmedizin und Geriatrie, Mainz, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 57. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Berlin, 28.-30.09.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocP-02-03

doi: 10.3205/23degam157, urn:nbn:de:0183-23degam1571

Published: September 27, 2023

© 2023 Rusert et al.
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Hintergrund: In der hausärztlichen Versorgungsforschung existieren bisher nur wenige Untersuchungen, welche die Haltung von Hausärzt:innen in Bezug auf Leitlinien und die Herausforderungen bei deren Implementierung systematisch erforscht haben.

Fragestellung: Ziel ist es, die Haltungen und Einstellungen praktizierender Hausärzt:innen bezüglich Leitlinien zu erfassen, um ein differenziertes Einstellungs- und Meinungsbild zum Status quo der hausärztlichen Leitlinienorientierung zu generieren.

Methoden: Die Befragung erfolgte in Form qualitativer, leitfadengestützter und halbstandardisierter Interviews mit 20 Hausärzt:innen, welche mit der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring unter Zuhilfenahme des Analyseprogrammes MAXQDA ausgewertet wurden.

Ergebnisse: Der Umfang des Leitlinieneinsatzes und die Leitlinienadhärenz ist sehr unterschiedlich. Die Befragten verbinden Leitlinien mehrheitlich mit Chancen und Potenzialen, wie z.B. Patienten- und Behandlungssicherheit sowie forensischer Absicherung. So sind alle Interviewten der Ansicht, dass Leitlinien ein strukturiertes, effektiveres Vorgehen bei Diagnose und Therapie ermöglichen. Jedoch stützen sich viele Hausärzt:innen trotz der Verfügbarkeit von Leitlinien auf etablierte Therapieregime oder weichen von den Empfehlungen ab. Die Diskrepanz zwischen empfohlenen und tatsächlich abgerechneten Verordnungen oder die mangelnde Praxisnähe wurden kritisiert. Unter den Befragten, die ihre Arbeit hauptsächlich an Leitlinien ausrichten, überwiegt eine positive Bilanz in Bezug auf Effizienz, Effektivität und Wirtschaftlichkeit. Es werden jedoch auch Hürden und Belastungsfaktoren berichtet.

Diskussion: Trotz positiver Einstellung gegenüber Leitlinien weichen viele Allgemeinmediziner:innen von den Empfehlungen ab oder folgen ihnen nur teilweise. Betrachtet man allerdings ältere Voruntersuchungen hat sich die Bekanntheit und Anwendungsbereitschaft unter Hausärzt:innen in Bezug auf Leitlinien deutlich erhöht. Insgesamt konnte die Untersuchung zeigen, dass die meisten Allgemeinmediziner:innen unter bestimmten Voraussetzungen bereit sind, ihre Arbeit noch stärker an diesen Instrumenten auszurichten. Die von den Interviewten ausgesprochenen Wünsche und Vorschläge (z.B. breiteres Angebot an Fortbildungen und Kurzfassungen) spiegelt diese Beobachtung wider und zeigt Möglichkeiten auf, die Implementierungsbereitschaft in der hausärztlichen Praxis zu erhöhen.

Take Home Message für die Praxis: Um die Implementierungsbereitschaft von Leitlinien unter Hausärzt:innen zu erhöhen, gilt es, die ambulante Versorgungsrealität in Leitlinien besser widerzuspiegeln und mehr Kurzfassungen anzubieten.