Article
Planetary Health und Antibiotikaresistenz in der hausärztlichen Versorgung: das Potenzial von Hausärzt:innen als ‚Change Agents‘
Search Medline for
Authors
Published: | September 27, 2023 |
---|
Outline
Text
Hintergrund: Die Klimakrise und die Entwicklung antimikrobieller Resistenzen (AMR) gehören zu den größten Belastungen für Gesundheitssysteme und medizinische Versorgung im 21. Jahrhundert. Der Planetary-Health-Ansatz ermöglicht, Wechselwirkungen zwischen Umweltveränderungen und Gesundheit zu untersuchen. Hausärzt:innen sind mit Auswirkungen planetarer Veränderungen auf die Gesundheit ihrer Patient:innen früh konfrontiert. Daher liegt es nahe, ihr Potenzial als „Change Agents“ im Kontext von AMR und Planetary Health zu untersuchen.
Fragestellung: Welche Rolle spielt Planetary Health bei der Verschreibung von Antibiotika in der hausärztlichen Praxis?
Methoden: Eingebettet in die randomisiert kontrollierte RedAres-Studie, welche das Ziel der Optimierung der Therapie und Medikamentenverordnung beim unkomplizierten Harnwegsinfekt der Frau hatte, haben wir 19 semistrukturierte Leitfadeninterviews mit Hausärzt:innen online durchgeführt. Transkription und Analyse erfolgten mithilfe der strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring.
Ergebnisse: Die vorläufigen Ergebnisse zeigen ein Problembewusstsein der Hausärzt:innen bezüglich Belastungen der planetaren Gesundheit. Sie erkennen speziell bezüglich der Bewältigung von AMR eine besondere Verantwortung an. Handlungsmöglichkeiten sehen sie insbesondere in der Bewusstseinsbildung bei Ärzt:innen und Patient:innen. Um planetare Gesundheit und AMR in die Sprechstunde integrieren zu können, seien insbesondere Zeitressourcen und das Interesse der Patient:innen nötig. Einige Hausärzt:innen berichteten, anlassbezogen mit weiteren Themen planetarer Gesundheit, wie klimafreundlicher Ernährung, zu argumentieren.
Diskussion: Vorläufige Ergebnisse zeigen eine Diskrepanz zwischen dem Problembewusstsein und dessen Auswirkungen auf das praktische Arbeiten. Auch Möglichkeiten, eine Co-Benefits-Argumentation zu stärken, durch die der Zusammenhang zwischen gesundheitsfördernden Maßnahmen und deren klimaschützendem Effekt erkannt werden, sollten diskutiert werden. Es braucht anwendungsorientierte Konzepte, die Hausärzt:innen darin bestärken, AMR und Planetary Health in ihre Arbeit zu integrieren.
Take Home Message für die Praxis: Hausärzt:innen schätzen sich überwiegend als relevante Akteur:innen ein, ein Bewusstsein für AMR und Planetary Health bei sich und Patient:innen zu entwickeln, um zur Problembewältigung beizutragen. Ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein von Hausärzt:innen und strukturelle Rahmenbedingungen wie genügend Zeit bilden eine Basis, um erfolgreiche Konzepte zur Stärkung des ärztlichen Wissens und zur Integration von Planetary Health in der Sprechstunde zu entwickeln.