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57. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

28. - 30.09.2023, Berlin

Sprachkomplexität in Chat-Kommunikation zwischen Patient:innen und Ärzt:innen: Ergebnisse der Cluster-randomisierten PIA-Studie zum Hypertoniemanagement

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Simon-Konstantin Thiem - Universitätsklinikum Bonn, Institut für Hausarztmedizin, Bonn, Deutschland
  • Arezoo Bozorgmehr - Universitätsklinikum Bonn, Institut für Hausarztmedizin, Bonn, Deutschland
  • Arian Karimzadeh - Universitätsklinikum Bonn, Institut für Hausarztmedizin, Bonn, Deutschland
  • Frauke Leupold - Universitätsklinikum Bonn, Institut für Hausarztmedizin, Bonn, Deutschland
  • Birgitta Weltermann - Universitätsklinikum Bonn, Institut für Hausarztmedizin, Bonn, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 57. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Berlin, 28.-30.09.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. DocV-09-06

doi: 10.3205/23degam054, urn:nbn:de:0183-23degam0543

Published: September 27, 2023

© 2023 Thiem et al.
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Hintergrund: In der Cluster-randomisierten PIA-Studie wurde gezeigt, dass ein digitales Hypertoniemanagement die Blutdruckkontrollrate im Vergleich zur Regelversorgung signifikant verbessert. Im Interventionsarm ermöglichte das PIA-System eine DSGVO-konforme Kommunikation von Blutdruckmesswerten, Medikationsplänen und Chat-Nachrichten zwischen Patient:innen und Praxen. Während medizinische Studien eine hohe Sprachkomplexität auf Webseiten und in Email-Verläufen zeigen, ist wenig darüber in Chats zwischen Ärzt:innen und Patient:innen bekannt.

Fragestellung: Welche Sprachkomplexität hatten die Chats zwischen Patient:innen und Hausarztpraxen?

Methoden: Anhand eines doppelt pseudonymisierten Datensatzes wurden diese Chat-Nachrichten der PIA-Studie hinsichtlich Häufigkeit, Länge, Antwortzeit, Themen und sprachlicher Komplexität analysiert. Es wurde die deutsche Version der Flesch-Formel zur Klassifizierung der Sprachkomplexität in 7 Kategorien (sehr einfach bis sehr schwer) verwendet. Diese basiert auf den Satzlängen und der Silbenanzahl einer Nachricht.

Ergebnisse: Insgesamt wurden 4.271 Chatnachrichten zwischen 25 Hausärzt:innen und 363 Patient:innen versendet, davon waren 22% (n=941) automatisiert (neuer Medikationsplan oder Rezept zum Abholen in Praxis bereit). Von den 78% nicht-automatisierten Nachrichten (n=3.330) stammten 41,1% von Patient:innen und 58,9% von Praxen. Die Nachrichten der Patient:innen enthielten im Durchschnitt 21,5 Wörter (SD: 17,3) im Vergleich zu 12,9 (SD: 14,2) von den Praxen. Die mittlere Beantwortungszeit der Patient:innen betrug 2,4 Tage (SD: 25,1 Tage) und 8,3 Tage bei den Praxen (SD: 23,2 Tage), bei Fragen jedoch nur 3,5 Stunden (Patient:innen) und 5,5 Tage (Praxen). Die Flesch-Formel zeigte, dass über 88% der Nachrichten in einfacher oder sehr einfachen Sprache geschrieben wurden, und zwar gleichermaßen von Patient:innen und Ärzt:innen. Es gab keine Unterschiede nach sozio-demographischen Charakteristika der Patient:innen.

Diskussion: Im Gegensatz zu Analysen von Webseiten und Email-Verläufen, zeigte die Chat-Kommunikation eine niedrige Sprachkomplexität bei Ärzt:innen und Patient:innen.

Take Home Message für die Praxis: Eine DSGVO-konforme Chat-Kommunikation im hausärztlichen Setting bietet ein großes Potential, dass weiter exploriert werden sollte. Studien deuten darauf hin, dass die Sprachkomplexität stärker vom Kommunikationsweg beeinflusst wird als von den Kommunikationspartnern.