Article
Welche Symptome sind ‚Red Flags‘ bei Verschreibungen anticholinerg wirkender Medikamente? Studienprotokoll zur Entwicklung von Vorhersagemodellen auf der Basis von PROPERmed-Daten
Search Medline for
Authors
Published: | September 11, 2019 |
---|
Outline
Text
Hintergrund: Ältere Patienten in der Hausarztpraxis sind häufig multimorbid und erhalten Multimedikation. Darunter sind oft auch Medikamente mit anticholinergen (ACh) Nebenwirkungen, deren Verträglichkeit im Alter häufig eingeschränkt ist. Bei Multimedikation können Ach-Effekte kumulieren und auch das Risiko für Stürze, Hospitalisierungen und kognitive Beeinträchtigung erhöhen. Existierende Instrumente zur Einschätzung der ACh-Belastung sind impraktikabel (enthalten 27-128 Medikamente), heterogen (variable Anzahl/Bewertung enthaltener Medikamente) und berücksichtigen keine individuelle Verträglichkeit. ACh-Symptome sind zumeist unspezifisch und ihre Relevanz oft unklar. Insbesondere fehlen für Hausärzte bislang Warnsymptome (‚red flags‘) für ein rechtzeitiges Absetzen unangemessener ACh-Medikamente.
Fragestellung: Welchen prädiktiven Wert haben anticholinerge Symptome für die Vorhersage negativer gesundheitlicher Outcomes bei älteren Patienten der Hausarztpraxis?
Methoden: Design: Entwicklung von Prädiktionsmodellen auf der Basis der patientenindividuellen PROPERmed-Datenbank, bestehend aus fünf cluster-RCTs aus Deutschland und den Niederlanden (PROSPERO: CRD42018088129).
Population: 4.561 Patienten ≥60 Jahre, ≥1 chronische Kondition, ≥1 Medikament in Dauerverordnung, ohne Demenz aus 307 Hausarztpraxen
Endpunkte: Sturz, Verschlechterung der Lebensqualität (≥5%-Reduktion des EQ-5D-Indexscore), kognitive und physische Funktionalität nach 6 Monaten Follow-up.
Potentielle Prädiktorvariablen: ACh-Belastung (verschiedene Instrumente) und anticholinerge Symptome sowie Soziodemographie, Lebensstilfaktoren, morbiditäts- und medikationsbezogene Parameter, Laborwerte, depressive Symptome, Schmerz und Endpunktparameter - zur Baseline erhoben.
Statistik: Logistische Regressionsanalyse zur Entwicklung der Modelle unter Berücksichtigung der Zwischenstudienheterogenität, Variablenselektion mittels des so genannten least absolute shrinkage and selection operator (LASSO)-Methode zur Adressierung möglicher Multikollinearität der Kandidatenprädiktoren, multi-level multiple Imputation zum Ersetzen fehlender Werte in der Hierarchie eingeschlossener RCTs.
Diskussion: Da ACh-Symptome nicht in allen PROPERmed-Studien erhoben wurden und das Ersetzen systematisch fehlender Werte aus umfangreichen PROPERmed-Vorarbeiten als kritisch anzusehen ist, reduziert sich die Stichprobengröße aus PROPERmed.
Take Home Message für die Praxis: Die geplanten Vorhersagemodelle sollen ACh-Symptome identifizieren, die für negative gesundheitliche Outcomes bei älteren Patienten in der Hausarztpraxis prädiktiv sind und als ‚red flags‘ Entscheidungshilfe zum Absetzen von ACh-Medikamenten dienen.