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53. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Erlangen, 12. - 14.09.2019

Ich sehe nur noch rot! Die WirtMed-Studie zur Wirtschaftlichkeit der Medikamenten-Verordnung

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Julia Gollnick - Philipps-Universität Marburg, Abteilung für Allgemeinmedizin, präventive und rehabilitative Medizin, Marburg, Deutschland
  • Nikoletta Lippert - Universitätsklinikum Erlangen, Allgemeinmedizinisches Institut, Erlangen, Deutschland
  • Julia Muth - Philipps-Universität Marburg, Abteilung für Allgemeinmedizin, präventive und rehabilitative Medizin, Marburg, Deutschland
  • Johann Fischaleck - Kassenärztliche Vereinigung Bayerns, Deutschland
  • Thomas Kühlein - Universitätsklinikum Erlangen, Allgemeinmedizinisches Institut, Erlangen, Deutschland
  • Norbert Donner-Banzhoff - Philipps-Universität Marburg, Abteilung für Allgemeinmedizin, präventive und rehabilitative Medizin, Marburg, Deutschland

53. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Erlangen, 12.-14.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocV82-01

doi: 10.3205/19degam113, urn:nbn:de:0183-19degam1138

Published: September 11, 2019

© 2019 Gollnick et al.
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Text

Hintergrund: Die Anforderungen an die Arzneimittelverordnung sind eindeutig: Leistungen müssen laut SGB V ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Entsprechende frühere Prüfmechanismen sind in Kritik geraten und mögliche resultierende Regresse beeinträchtigen die berufliche Zufriedenheit und Nachwuchs-Rekrutierung in der Allgemeinmedizin.

Zur Verbesserung dieser Situation wurde unter anderem die bayerische Wirkstoffvereinbarung eingeführt, die sich nicht mehr an Verordnungs-Kosten, sondern an Generika- und Leitsubstanzanteilen der verordneten Arzneimittel orientiert. Das Paradigma heißt: Steuern statt Prüfen. Sechs Wochen nach Quartalsende erhält jede Betriebsstätte Rückmeldung in Form eines Ampelsystems. Obwohl diese Methode den Niedergelassenen entgegenkommen will, haben einige Betriebsstätten dauerhaft Schwierigkeiten den „grünen Bereich“ zu erreichen.

Fragestellung: Wie verordnen diese Ärzte im Praxisalltag ihre Arzneimittel? Was führt bei der Verordnung zu Schwierigkeiten, was sind Beweggründe und Motivation gegebenenfalls andere als die vorgeschriebenen Arzneimittel zu verordnen?

Methoden: Es werden 30 Interviews mit niedergelassenen Ärzten in Bayern geführt, die Schwierigkeiten hatten, die vorgegebenen Ziele zu erreichen. Ausgewählt wurden Betriebsstätten, die in einem Beobachtungszeitraum von vier Quartalen in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen mindestens 15% vom Gesamtziel abweichen und gleichzeitig eine Verbesserung von weniger als 3% zum Vorquartal erreichen. Gründe hierfür werden in den Interviews erfragt.

Parallel dazu erfolgt eine deskriptive Auswertung von Routinedaten der KV Bayerns zur Charakterisierung der Betriebsstätten und Verordnungen.

Ergebnisse: Erste Aussagen der interviewten Ärzte zeigen, dass die fehlende Vergleichbarkeit der Betriebsstätten innerhalb einer Fachgruppe ein Problem darzustellen scheint und das Erreichen der vorgegebenen Ziele und Grenzen erschwert. Ebenso würden Sonderbedingungen für Schwerpunktpraxen fehlen, eingestellte Dauerpatienten würden nicht adäquat berücksichtigt und die fehlende aufklärende gesundheitspolitische Öffentlichkeitsarbeit erschwere das Erreichen der Ziele und erhöhe den Unmut in der Arzt-Patienten-Beziehung. Es werden die aktuellen Ergebnisse vorgestellt.

Diskussion: Wir erwarten, dass die Ergebnisse helfen werden, nicht nur die bayerische Wirkstoffvereinbarung, sondern auch vergleichbare Steuerungssysteme in anderen Bundesländern und somit auch die Patientenversorgung zu verbessern.