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Aktualisierung der Leitlinie ‚Multimedikation‘: ein systematisches Leitlinien-Review
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Published: | September 11, 2019 |
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Hintergrund: In der komplexen Behandlung von Patienten mit Multimorbidität und Polypharmazie (MM/PP) erweisen sich krankheitsorientierte Leitlinien oft als inadäquat. In den letzten Jahren wurden daher Leitlinien zur Versorgung dieser Patienten entwickelt, darunter die Leitlinie ‚Multimedikation‘ der Leitliniengruppe Hessen/PMV Forschungsgruppe/DEGAM. Zur Aktualisierung dieser Leitlinie im Rahmen des innovationsfondsgeförderten EVITA-Projekts (Evidenzbasiertes Multimedikationsprogramm mit Implementierung in die Versorgungspraxis, Fördernummer: 01VSF16034) führten wir ein systematisches Leitlinien-Review durch.
Fragestellung: Welche Empfehlungen existieren in internationalen Leitlinien zur Versorgung von Patienten mit MM/PP?
Methoden: Nach einer systematischen Recherche nach evidenzbasierten Leitlinien zu MM/PP in elektronischen Datenbanken sowie auf Webseiten von Fachgesellschaften wurden die Leitlinien von zwei Untersuchern ausgewählt (Einschluss: umfassende Leitlinien zu MM/PP, systematische Literaturrecherchen berichtet) und nach ihrer methodischen Qualität (MiChe-Checkliste) bewertet. Als Rahmenwerk für die Datenextraktion wurden die ‚Ariadne-Prinzipien‘ angewendet (Zielpopulations-Aufgreifkriterien, umfassendes (Interaktions-)Assessment, Patientenpräferenzen/Priorisierung/Vereinbarung von Therapiezielen, individualisiertes Management, Follow-up/Monitoring). Um Empfehlungen thematisch zu aggregieren, wurden mittels Inhaltsanalyse für identifizierte Empfehlungen (Unter-)Kategorien gebildet.
Ergebnisse: Aus 3.937 Zitaten wurden 8 Leitlinien (je vier zu MM/PP) eingeschlossen, hälftig in guter Qualität bzw. mit wenigen Mängeln. Wir extrahierten 246 Empfehlungen - im Median 27 (IQR: 13–52, Spannweite: 7–57) Empfehlungen/Leitlinie - die häufigsten adressierten ein umfassendes (Interaktions-)Assessment (n=69), Berücksichtigung von Patientenpräferenzen (n=50), Monitoring/Follow-up (n=32), Zielpopulations-Aufgreifkriterien (n=26). Im Abstraktionslevel variierten die Empfehlungen von Schlüsselprinzipien (Meta-Ebene) bis zu Praxis-Tools, wobei ein breites Spektrum an Fragestellungen im klinischen, Selbst- und Versorgungsmanagement (organisatorisch/strukturell) adressiert wurde.
Diskussion: Die Leitlinien variierten erheblich in Umfang/adressierten Fragestellungen, die sich in der systematischen Übersicht ergänzen und Empfehlungen für verschiedene Versorgungsebenen bereitstellen. Die Zielpopulation wurde uneinheitlich auf der Basis von Risikofaktoren beschrieben, Risikovorhersage-Modelle bei PP fehlten. Die Umsetzbarkeit von abstrakten Schlüsselprinzipien in der Regelversorgung ist bislang unklar und Praxistools fehlen häufig.
Take Home Message für die Praxis: Mittels systematischem Leitlinienreview wurden qualitativ hochwertige Leitlinien identifiziert, deren Empfehlungen in der Aktualisierung der Leitlinie Multimedikation berücksichtigt werden, die Evidenzbasis dieser Empfehlungen wird untersucht.