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53. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

Erlangen, 12. - 14.09.2019

Psychologische Interventionen für erwachsene Patienten mit ADHS – ein systematischer Review

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Lisanne Eileen Scholz - Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München, Institut für Allgemeinmedizin, München, Deutschland
  • Jana Werle - Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München, Institut für Allgemeinmedizin, München, Deutschland
  • Alexandra Philipsen - Universitätsklinikum Bonn, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Bonn, Deutschland
  • Marcel Schulze - Universitätsklinikum Bonn, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Bonn, Deutschland
  • Jochen Gensichen - Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München, Institut für Allgemeinmedizin, München, Deutschland

53. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Erlangen, 12.-14.09.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocV24-03

doi: 10.3205/19degam047, urn:nbn:de:0183-19degam0477

Published: September 11, 2019

© 2019 Scholz et al.
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Text

Hintergrund: Bis zu 3-5% der erwachsenen Bevölkerung leiden an der als Kinder- und Jugendkrankheit bekannten Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Obwohl die pharmazeutische Behandlung bei Erwachsenen oftmals die Therapie der ersten Wahl darstellt, sollten Alternativen nicht unbeachtet bleiben.

Fragestellung: Welche psychologische Intervention zeigt einen positiven Effekt auf den Unaufmerksamkeitsaspekt bei erwachsenen Patienten mit ADHS?

Methoden: Es wurde eine systematische Literaturrecherche der Cochrane Library, PubMed, PsycInfo, PSYNDEX und Eric durchgeführt. Nach vordefinierten Kriterien wurden Studien eingeschlossen, die den Effekt psychologischer Interventionen, dazu gehören Neurofeedback, Kognitives Training, Psychoedukation, ADHS Coaching, sowie Verhaltenstherapie, auf das Symptom der Unaufmerksamkeit bei erwachsenen ADHS Patienten untersuchten. Das Studienprotokoll wurde im Vorfeld in PROSPERO veröffentlicht (CRD42018115927).

Ergebnisse: Von 3261 identifizierten Referenzen konnten 20 Studien in die Auswertung eingeschlossen werden. 14 Studien fanden innerhalb Europas statt. Keine Studie zu ADHS Coaching konnte in die Analyse aufgenommen werden. Von den anderen psychologischen Interventionen, zeigte einzig der Vergleich verhaltenstherapeutischer Interventionen (CBT, DBT, MBCT, MCT) mit inaktiven Kontrollgruppen (Wartelisten und Usual care) einen signifikant größeren Effekt auf das Symptom der Unaufmerksamkeit. Insgesamt kürzere psychotherapeutische Interventionen sowie ein Gruppensetting waren längeren Interventionen und einem Einzelsetting nicht unterlegen.

Diskussion: Obwohl Psychoedukation keinen überlegenen Effekt aufwies, sollte sie auf Grund der einfacheren Umsetzbarkeit als Alternative in Betracht gezogen werden. Da verschiedene Verhaltenstherapieformen infolge schwieriger Abgrenzbarkeit zusammengefasst wurden, ist eine Aussage über den Effekt der einzelnen Typen nicht möglich. Mangels einer spezifischen Definition von Usual care muss mit großer Heterogenität innerhalb der inaktiven Kontrollgruppen gerechnet werden, weswegen die Ergebnisse mit Vorsicht zu betrachten sind.

Take Home Message für die Praxis: Selbst kurze verhaltenstherapeutische Interventionen, sowie psychoedukative Maßnahmen stellen möglicherweise eine vielversprechende Option in der Behandlung von Erwachsenen mit ADHS dar. Weitere Studien zur besseren Einschätzung des Effektes sind notwendig.