gms | German Medical Science

52. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

13.09. - 15.09.2018, Innsbruck, Österreich

Assoziation von Erwachsenen-Bindungsstilen und suizidalen Gedanken in Patienten der Primärversorgung mit multiplen chronischen Krankheiten

Meeting Abstract

  • K. Lukaschek - Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München, Institut für Allgemeinmedizin, München, Deutschland
  • I.-M. Rückert-Eheberg - Helmholtz Zentrum München, Epidemiologie, Neuherberg, Deutschland
  • K. Brenk-Franz - Universitätsklinikum Jena, Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie, Jena, Deutschland
  • B. Strauß - Universitätsklinikum Jena, Institut für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie, Jena, Deutschland
  • J. Gensichen - Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München, Institut für Allgemeinmedizin, München, Deutschland

52. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Innsbruck, Österreich, 13.-15.09.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18degam161

doi: 10.3205/18degam161, urn:nbn:de:0183-18degam1616

Published: September 10, 2018

© 2018 Lukaschek et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Hintergrund: Bindungstheoretischen Überlegungen zufolge können Personen, die durch Erfahrungen mit Bezugspersonen Merkmale bindungsbezogener Angst bzw. bindungsbezogener Vermeidung entwickelten, ein höheres Risiko für suizidale Gedanken (suicidal ideation, SID) haben.

Fragestellung: Die vorgestellte Studie untersucht die Assoziation von bindungsbezogener Angst, bindungsbezogener Vermeidung und SID in einer Stichprobe von älteren, chronisch kranken Patienten in der Primärversorgung.

Methoden: Die APRICARE-Studie umfasst 207 Patienten im Alter von 50–85 Jahren, die an mindestens drei chronischen Krankheiten leiden. Erwachsenen-Bindung, depressive Symptomatik und SID wurden mittels Selbstauskunft-Fragebögen (ECR-RD12, PHQ-9) erfasst. Assoziationen von SID mit bindungsbezogener Angst, bindungsbezogener Vermeidung und unsicherer Bindung wurden mittels logistischer Regression untersucht.

Ergebnisse: 13% der Patienten berichteten suizidale Gedanken. Bindungsbezogener Angst war signifikant mit SID assoziiert (OR = 1.88, CI 1.44-2.44), bindungsbezogene Vermeidung dagegen nicht. Von den Patienten mit suizidalen Gedanken wiesen 85% Merkmale unsicherer Bindung auf, verglichen mit 63% der Patienten ohne SID. Die OR für SID in Patienten mit unsicherer Bindung war 3.33 (CI = 1.10-10.04). Weitere Ergebnisse werden beim Kongress berichtet.

Diskussion: Die Erhebung von partnerschaftlicher Bindung im Anwendungskontext der Primärversorgung gilt als kaum realisierbar. Allerdings sind die Patienten oft längerfristig bei ihrem Hausarzt in Behandlung und haben eine vertrauensvolle Beziehung zu ihm aufgebaut. Der Hausarzt kennt daher das familiäre Umfeld und kann intuitiv den Bindungsstil des Patienten beurteilen.

Take Home Message für die Praxis: Allgemeinärzte, die sich zusätzlich der unsicheren Bindung ihrer Patienten bewusst sind, könnten eine bessere Chance haben, Patienten mit erhöhtem Suizidrisiko zu identifizieren.