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Der Hausarzt als ohnmächtiger Heiland in Franz Kafkas Erzählung „Ein Landarzt“
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Published: | September 5, 2017 |
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Franz Kafkas surreale Traumerzählung „Ein Landarzt“ ist die Geschichte eines Scheiterns. Sie entstand Anfang 1917, wenige Monate vor dem Ausbruch der Tuberkulose-Krankheit des Autors, und scheint diese visionär vorwegzunehmen. Alle Aussagen über den Arzt, der nicht Herr über die Dinge im eigenen Haus ist und sein Dienstmädchen Rosa dem aggressiven Knecht überlasst, um mit Hilfe fremder Pferde seine nächtliche Fahrt an das Bett eines kranken Knaben antreten zu können, sind paradoxaler Natur. Der Helfer ist hilflos, versagt als Diagnostiker wie als Therapeut und klagt, dass Unmögliches von ihm verlangt wird: die Heilung einer unheilbaren Wunde, die letztlich seine eigene ist. Vor dieser Erkenntnis flieht er in die Eiswüste. Der Vortrag fragt, welche literarischen Motivtraditionen und psychologischen Theorien in dieses Arztbild eingegangen sind und in welchem Verhältnis es zum veränderten Menschenbild der Literatur der Moderne steht. Vor dem Hintergrund einer genauen Analyse der Metaphorik des Textes stellt er biographische, psychoanalytische und poetologische Deutungen zur Diskussion.