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51. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

21.09. - 23.09.2017, Düsseldorf

Bilanzierungsdialog in der hausärztlichen Versorgung von Menschen mit Demenz – Erfahrungen in einem Pilotprojekt

Meeting Abstract

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  • J. Gärtner - Universitätsmedizin Göttingen, Institut für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Göttingen, Deutschland
  • G. Egidi - Hausärztliche Gemeinschaftspraxis, Bremen, Deutschland
  • O. Bahrs - Georg-August-Universität Göttingen, Georg-Elias-Müller-Institut für Psychologie, Göttingen, Deutschland; Universitätsklinikum Düsseldorf, Institut für Allgemeinmedizin, Düsseldorf, Deutschland

51. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Düsseldorf, 21.-23.09.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. Doc17degam262

doi: 10.3205/17degam262, urn:nbn:de:0183-17degam2625

Published: September 5, 2017

© 2017 Gärtner et al.
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Hintergrund: Entwicklung und Diagnose einer Demenz bedeuten für Betroffene, Angehörige und Behandler oft eine tiefgreifende Veränderung und stellen besondere Herausforderungen in der Langzeitversorgung dar. In dieser Situation kann es sinnvoll sein, im gemeinsamen bilanzierenden Gespräch Prioritäten, Behandlungs- bzw. Unterstützungsbedarf abzustimmen. Dies wurde im hier vorgestellten Pilotprojekt erstmals erprobt.

Fragestellung: Ist das Konzept des Bilanzierungsdialogs in der Langzeitversorgung von Patienten mit Demenz in der Hausarztpraxis umsetzbar? Wie wird die Gesprächssituation vom Hausarzt und Begleitforschern eingeschätzt? Welche Erkenntnisse liefert eine gemeinsame Auswertung?

Methoden: Im Rahmen einer Promotion videographierten 3 Hausärzte Gespräche mit Patienten mit Demenz. Ein Kollege führte dabei das Gespräch mit einem älteren Patienten und dessen Partnerin in der Form des Bilanzierungsdialogs. Die Dokumentation wurde mit qualitativen Methoden (strukturale Hermeneutik, RLI) ausgewertet, die Ergebnisse gemeinsam mit dem Hausarzt diskutiert und mit seiner eigenen Situationseinschätzung abgeglichen (kommunikative Validierung).

Ergebnisse: Aus Arztsicht ist die Gesprächssituation ungewohnt, da von ihm initiiert. Die triadische Kommunikation mit zwei (nicht ganz gleichberechtigten) PatientInnen ist herausfordernd. Demenz wird als Familienkrankheit erkennbar. Dabei scheint der Betroffene weniger zu leiden als die Partnerin. Bei der Problembewältigung nutzen die PatientInnen biographisch entwickelte Muster. Dabei wird „Schuld“ als latentes Problem deutlich. Die Arzt-Patienten-Interaktion ist durch starke Ressourcenorientierung (ausgeprägter als in den Vergleichsgesprächen) und Steuerungsleistung des Arztes ausgezeichnet. Für Auftragsklärung wird Raum gegeben, Gesundheits- und Behandlungsziele werden nicht thematisiert.

Diskussion: Bilanzierungsdialoge sind auch in diesem Kontext machbar, aber für alle Beteiligten gewöhnungsbedürftig. Im Sinne partizipatorischer Forschung ist kontinuierliche Kooperation anzustreben, die die Handelnden bei der Umsetzung und die Forschenden bei der Auswertung unterstützt.