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51. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

21.09. - 23.09.2017, Düsseldorf

Was Ärzte sagen und was Patienten hören – eine kognitionslinguistische Betrachtung von Verstehensproblemen in der Arzt-Patienten-Kommunikation

Meeting Abstract

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  • S. Bechmann - Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Germanistische Sprachwissenschaft, Düsseldorf, Deutschland

51. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Düsseldorf, 21.-23.09.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. Doc17degam243

doi: 10.3205/17degam243, urn:nbn:de:0183-17degam2431

Published: September 5, 2017

© 2017 Bechmann.
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Hintergrund: In ärztlichen Gesprächen gibt es immer wieder Verstehensprobleme durch divergentes verstehensrelevantes Wissen (i.S. von Krankheits-Frames). Ärzten fehlt oftmals das Gespür dafür, welche Informationen ihre Patienten a) überhaupt und auf welche Weise vermittelt benötigen und b) wie Patienten diese Informationen kognitiv verarbeiten (können). Daher beschränken sich einige Ärzte auf gelenkte Fragen und treten kaum in sprachliche Interaktion ein. Kommunikation ist aber ein kompliziertes psychologisches Spiel, dessen äußerste Schwundstufe in einer Frage-Antwort-Abfolge besteht (Anamnese). Diese Schwundstufe für Kommunikation zu halten, käme dem Gedanken gleich, Gas geben für Autofahren zu halten.

Fragestellung: Verständigung über potenziell Unverständliches erfordert Wissen über kommunikative Grundprinzipien und ein Bewusstsein für die Entstehung von kognitiven Verstehensproblemen. Wie ist dieses Wissen kognitiv organisiert?

Methoden: In diesem Vortrag sollen insbesondere Phänomene der semantischen Konzeptualisierung von Fachwissen durch Laien (und die damit verwobenen, bisweilen schwerwiegenden Missverständnisse) skizziert werden. Anhand des in der Linguistik entwickelten Frame-Modells (als Beschreibungsmodell für kognitive Verstehensprozesse) wird sich zeigen, dass schon allein mit der bewussten oder unbewussten Wortwahl ganze Vorstellungswelten im Kopf der Patienten entstehen können, die möglicherweise falsche Vorstellungen von Krankheiten und deren Behandlungen erzeugen.

Ergebnisse: Anhand von Beispielen soll gezeigt werden, wie Krankheits-Frames (also Vorstellungen von Krankheiten) sprachlich ausgelöst werden und auf welche Weise und mit welchen (positiven wie auch negativen) Folgen Sprache Wirklichkeit herstellen kann. Der Vortrag wird dabei das sogenannte Common-sense-Modell of Illness linguistisch erweitern und Hinweise für einen bewussteren Umgang mit Sprache liefern.

Diskussion: Auf der Folie der vorgestellten Modelle soll diskutiert werden, auf welche Weise Ärzte Verstehensprobleme in der täglichen Arbeit lösen bzw. vermeiden können.