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50. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

29.09. - 01.10.2016, Frankfurt am Main

Komplexität als Qualitätsindikator bei der Umsetzung von bilanzierenden Gesprächen mit chronisch erkrankten Menschen

Meeting Abstract

  • K.-H. Henze - Universitätsmedizin Göttingen Institut für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Göttingen
  • S. Heim - Universitätsmedizin Göttingen Institut für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Göttingen
  • F. Löwenstein - Universitätsmedizin Göttingen Institut für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Göttingen
  • O. Bahrs - Universitätsmedizin Göttingen Institut für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Göttingen

50. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Frankfurt am Main, 29.09.-01.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16degam268

doi: 10.3205/16degam268, urn:nbn:de:0183-16degam2680

Published: September 19, 2016

© 2016 Henze et al.
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Text

Hintergrund: Im Forschungsprojekt „Bilanz“ wurden arztinitiierte Arzt-Patienten-Gespräche, sog. „Bilanzierungsdialoge“ (BD) erprobt. Ein kleines Subsample von videografierten Bilanzierungsdialogen wurde mit dem halbstandardisierten „Ratinginventar lösungsorientierter Interventionen“ (RLI) analysiert. Das Konzept „BD“ sieht biopsychosozial ausgerichtete und durch einen partizipativen, interaktiven Prozess gekennzeichnete Gespräche vor, die eine flexible Gesprächsführung erfordern. Formal lässt sich die Flexibilität über die Vielfalt der verwandten Gesprächsstrategien abschätzen und inhaltlich als Hinweis auf thematische Komplexität und Qualität der Konzeptumsetzung interpretieren.

Fragestellung: Welche Faktoren haben Auswirkungen auf den Grad der Komplexität bei der arztseitigen Gestaltung von bilanzierenden und zielorientierten Gesprächen mit chronisch erkrankten Patientinnen und Patienten.

Methoden: In einer explorativen Analyse wurden N = 40 videodokumentierte Konsultationen aus 11 Praxen mit Hilfe des RLI analysiert, das überwiegend auf lösungs- und ressourcenorientierte Gesprächsführungselemente bzw. zielorientierte Vorgehensweisen fokussiert ist. Nur die arztseitige Gesprächsführung wird analysiert. Anhand von Thermografiken jeder Konsultation wurde eine AV „Komplexität“ geratet. Bisher wurde u. a. mit einem multiplen Regressionsmodell unter Einbeziehung von Daten aus parallel erhobenen Fragebogeninstrumenten nach relevanten Prädiktoren für „Gesprächskomplexität“ gesucht. Anschließende qualitative Sequenzanalysen ermöglichen fallbezogene Aufschlüsse.

Ergebnisse: Neben geschlechtsspezifischen Effekten scheinen auch die Variablen „Zusatzausbildung Psychosom. Grundversorgung“ und „Alter Ärztin/Arzt“ (vermutlich ein Indikator für Berufserfahrung) relevante Prädiktoren für den Grad der Gesprächskomplexität zu sein.

Diskussion: Die Gesprächskomplexität als ein Maß für die Qualität der Umsetzung des Bilanzierungsdialogs scheint u.a. abzuhängen von dem Rollenverständnis der gesprächsführenden Ärztinnen bzw. Ärzte, bestimmten Kompetenzerwerben sowie dem jeweiligen Erfahrungshintergrund. Die qualitativen Analysen verdeutlichen, dass das Gesprächsverhalten der Ärztinnen bzw. Ärzte durchaus streut; es hat einen reflexiven Bezug zum konkreten Gegenüber.