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50. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

29.09. - 01.10.2016, Frankfurt am Main

Überversorgung in der Schweiz: wie häufig werden präoperative Thorax-Röntgenuntersuchungen durchgeführt?

Meeting Abstract

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  • E. Blozik - Helsana Gruppe Gesundheitswissenschaften, Zürich, Schweiz; Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf Institut für Allgemeinmedizin, Hamburg; Universitätsklinikum Freiburg Lehrbereich Allgemeinmedizin, Freiburg
  • B. Brüngger - Helsana Gruppe Gesundheitswissenschaften, Zürich, Schweiz
  • O. Reich - Helsana Gruppe Gesundheitswissenschaften, Zürich, Schweiz

50. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Frankfurt am Main, 29.09.-01.10.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16degam134

doi: 10.3205/16degam134, urn:nbn:de:0183-16degam1347

Published: September 19, 2016

© 2016 Blozik et al.
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Hintergrund: Gemäß internationalem Konsens hat präoperatives Thorax-Röntgen bei asymptomatischen Patienten keine Relevanz hinsichtlich Patientenmanagement oder klinischen Outcomes. Deshalb empfiehlt die Schweizerische Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin im Rahmen ihrer an "Choosing Wisely" angelehnten "Smarter Medicine" Initiative, diese Interventionen in der ambulanten Medizin zu vermeiden.

Fragestellung: Wie hoch ist der Anteil unnützer präoperativer Röntgenthorax-Aufnahmen in der Schweiz?

Methoden: Sekundäranalyse von Abrechnungsdaten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung der Helsana Gruppe, Zürich, Schweiz. Wir selektionierten Versicherte, die im Jahr 2014 wegen eines chirurgischen Eingriffs hospitalisiert wurden und prüften, ob in den 2 Monaten vor Hospitalisation eine Röntgenthoraxuntersuchung durchgeführt wurde. Die Häufigkeit präoperativer Röntgenthoraxuntersuchungen wurde stratifiziert nach Alter, Geschlecht, Höhe des wählbaren Selbstbehalts, Wohnkanton sowie Vorliegen der sog. Pharmacy Cost Groups "kardiovaskuläre Erkrankung" und "Atemwegserkrankung" als Indikator für kardiale bzw. respiratorische Symptome.

Ergebnisse: Wir untersuchten 54.192 Hospitalisationen. Davon wurden 2.120 Röntgenthoraxuntersuchungen bei Patienten ohne Symptomindikatoren (4% dieser Patienten) und 4.290 bei Personen mit Indikatoren durchgeführt (8% dieser Patienten). Es zeigte sich aber erhebliche interkantonale Variation in der Wahrscheinlichkeit, eine präoperative Röntgenthoraxuntersuchung zu erhalten. Beispielsweise schwankte diese für eine 70-74-jährige Frau mit niedrigem Selbstbehalt und ohne Symptomindikatoren zwischen 4% (Kanton Jura) und 22% (Kanton Schwyz).

Diskussion: Unsere Untersuchung ergab keine Hinweise auf einen übermäßigen Einsatz von unnützen präoperativen Röntgenthoraxuntersuchungen in der Schweiz. Eventuell wurden diese aber durch andere Diagnostik substituiert. Zu denken geben die interkantonalen Schwankungen, die auf unerwünschte Varianz hinweisen. Im Hinblick auf die Diskussion rund um die Einführung einer Choosing wisely-Liste für Deutschland liefert die vorliegende Studie Erkenntnisse aus einem ähnlich strukturierten Versorgungssystem.