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Beschreibung der Standardtherapie von Panikstörungen mit/ohne Agoraphobie in der Hausarztpraxis
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Published: | September 19, 2016 |
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Hintergrund: In Deutschland beträgt die 12-Monatsprävalenz der Panikstörung mit/ohne Agoraphobie (PD/A) 2 bis 4%. Etwa 82% der Patienten befinden sich ausschließlich in hausärztlicher Behandlung. Die Qualität dieser Versorgung ist weitgehend unerforscht.
Fragestellung: Wie stellt sich die hausärztliche Routineversorgung von Patienten mit PD/A dar?
Methoden: Auf Grundlage von Experteninterviews und der S3-Leitlinie für Angststörungen (2014) wurde ein Fragebogen zur Einschätzung von Diagnostik, Therapie und Überweisungsverhalten bei Patienten mit PD/A in der Hausarztpraxis entwickelt. Im Rahmen der Studie „Jena-Paradies“ führten 38 Hausärzte der Kontrollgruppe, die zuvor eine zweistündige Leitlinienschulung erhalten hatten, die Standardtherapie bei 189 Patienten mit PD/A durch. Die Beantwortung des Fragebogens erfolgte retrospektiv, ca. 3 Jahre nach Beginn der Studie. Eine deskriptive statistische Analyse wurde durchgeführt.
Ergebnisse: Der Fragebogenrücklauf betrug 36/38 (95%). Die Diagnostik zeichnete sich durch eine untergeordnete Rolle validierter Methoden wie strukturierter Interviews (18%), Fragebögen (14%) oder spezifischer Beurteilungsskalen (8%) aus. Therapeutischer Fokus lag auf der Besprechung psychosozialer Probleme (83%) oder der Empfehlung, angstauslösende Reize nicht zu vermeiden (72%). Die Pharmakotherapie erfolgte hauptsächlich mit selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmern (62%) und trizyklischen-Antidepressiva (18%). Häufige Überweisungsanlässe stellen psychiatrische Komorbidität (Persönlichkeitsstörungen: 81%, Depression: 78%, Suchterkrankungen: 69%) und Therapieresistenz (78%) dar.
Diskussion: Die Standardtherapie bei Patienten mit PD/A zeichnet sich durch eine Mischung psychosozialer und pharmakologischer Maßnahmen aus, die der S3-Leitlinie für Angststörungen (2014) weitgehend entsprechen. Charakteristika der Hausärzte, wie Alter, Berufserfahrung, Facharztqualifikation und Zusatzqualifikation, sind dem bundesdeutschen Durchschnitt ähnlich. Aufgrund der durchgeführten Leitlinienschulung ist die Übertragbarkeit der Ergebnisse möglicherweise eingeschränkt. Zukünftige Studien sollten die hausärztliche Routineversorgung von Angststörungen an größeren Stichproben weiterführen.