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49. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM)

17. - 19.09.2015, Bozen, Italien

Hat die Zusatzqualifikation Naturheilverfahren einen Einfluss auf das hausärztliche Verordnungsverhalten bei Atemwegsinfekten?

Meeting Abstract

  • S. Joos - Universitätsklinikum Tübingen, Institut für Allgemeinmedizin, Tübingen, Deutschland; Universitätsklinikum Heidelberg, Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland
  • B. Musselmann - Universitätsklinikum Heidelberg, Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland
  • J. Szecsenyi - Universitätsklinikum Heidelberg, Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland
  • G. Laux - Universitätsklinikum Heidelberg, Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Heidelberg, Deutschland

Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. 49. Kongress für Allgemeinmedizin und Familienmedizin. Bozen, 17.-19.09.2015. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2015. Doc15degam030

doi: 10.3205/15degam030, urn:nbn:de:0183-15degam0303

Published: August 26, 2015

© 2015 Joos et al.
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Hintergrund: Akute Atemwegsinfekte gehören zu den häufigsten Beratungsanlässen in der Hausarztpraxis. Zumeist viral verursacht beschränkt sich die Therapie auf Symptomlinderung, wobei häufig pflanzliche Medikamente zur Anwendung kommen.

Studienfrage: Bei immer noch deutlich zu hohen Verordnungsraten von Antibiotika in der hausärztlichen Versorgung ging das Projekt der Frage nach, ob es Zusammenhänge zwischen den Verordnungsraten von Antibiotika und Phytotherapeutika gibt und ob das Vorhandensein einer Zusatzqualifikation Naturheilverfahren (NHV) des verordnenden Arztes hierauf einen Einfluss hat.

Methodik: Die statistischen Analysen beruhen auf Daten des CONTENT-Netzwerkes, einem Netzwerk von 42 Hausärzten, wovon 11 eine Zusatzqualifikation Naturheilverfahren besitzen. Im Zeitraum von April 2009 bis März 2014 wurden alle Konsultationen mit Patienten mit akuten Infekten der oberen und unteren Atemwege (ICD 10-Diagnosen: J00-J06,J20-J22) eingeschlossen. Die Verordnung von Phytotherapeutika wurde über grüne Rezepte und Privatrezepte erfasst.

Ergebnisse: Die am häufigsten in dieser Diagnosegruppe verordneten Medikamente waren Antibiotika, gefolgt von Phytotherapeutika. Es zeigte sich ein signifikanter Unterschied in der Relation der Verordnungsraten von Phytotherapeutika/Antibiotika im Sinne einer höheren Verordnungsrate von Phytotherapeutika und einer geringeren für Antibiotika bei den Ärzten mit Zusatzqualifikation NHV. Detaillierte Analysen werden auf dem Kongress präsentiert.

Diskussion: Die beobachtete Relation einer niedrigeren Antibiotika-Verordnungsrate bei gleichzeitig höherer Phytotherapeutika-Verordnungsrate bei Ärzten mit Zusatzqualifikation NHV kann vielfältige Ursachen haben. Einerseits deuten Studien auf symptomlindernde Effekte verschiedener pflanzlicher Medikamente und damit auf deren evidenzbasierten Einsatz hin. Andererseits könnten Ärzte ein Phytotherapeutikum als sogenanntes „unreines Placebo“ rezeptieren, um dem häufig bestehenden Patientenwunsch nach einem Rezept nachzukommen und gleichzeitig nicht indizierte Antibiotikaverordnungen zu reduzieren.