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38. Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung (DAV 2020)

15.01. - 18.01.2020, Zell am See, Österreich

Stromumfälle auf der Verbrennungsintensivstation

Meeting Abstract

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  • T. Kheiri - Sana Klinikum Offenbach, Offenbach, Germany
  • T. Pierson - Sana Klinikum Offenbach, Offenbach, Germany
  • H. Menke - Sana Klinikum Offenbach, Offenbach, Germany

Deutschsprachige Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung. 38. Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung (DAV 2020). Zell am See, Österreich, 15.-18.01.2020. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2020. Doc7.04

doi: 10.3205/20dav045, urn:nbn:de:0183-20dav0456

Published: January 13, 2020

© 2020 Kheiri et al.
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Einleitung: Während Verletzungen durch elektrischen Strom im deutschsprachigen Raum mit einem Anteil von unter 7% an allen thermischen Verletzungen selten vorkommen, bleiben sie mit einer hohen Morbidität und Mortalität vergesellschaftet. Sie zeichnen sich durch komplexe Verletzungsmuster und häufiger Beteiligung verschiedener Organsysteme aus, so dass sie einer besonderen diagnostischen Aufmerksamkeit mit spezifischen interdisziplinären Behandlungsstrategien bedürfen. Es resultieren lange Krankenhausaufenthalte und wiederholte Operationen.

Methoden: Ausgewertet wurden retrospektiv die Daten aller Patienten mit der ICD-Diagnose T75.4 – „Schäden durch elektrischen Strom“, die von Januar 2010 bis Dezember 2018 auf der Offenbacher Verbrennungsintensivstation behandelt wurden.

Ziel war die epidemiologische Charakterisierung dieses Patientenkollektives in Hinblick auf Gefahrenquellen, thermischen Schadenausmaßes und Therapieverfahren, um die bekannten Behandlungskonzepte zu optimieren.

Ergebnisse: Im Analysezeitraum wurden 6 Kleinkinder und 42 Erwachsene mit Stromverletzung behandelt (n=48). Die Kinder waren männlich und zogen sich allesamt Verletzungen der oberen Extremität durch den Griff in eine Steckdose zu.

Unter den erwachsenen Pateinten zeigte sich ein vorwiegend junges (36,4 Jahre) und männliches (n=40; 95,2%) Patientenkollektiv. Berufsunfälle stellten die häufigste Unfallursache (n=24; 50%) und der Stromkasten die häufigste Gefahrenquelle (n=13) dar.

Das Verbrennungsausmaß lag mit 12,7% KOF nicht signifikant oberhalb der durchschnittlichen KOF aller thermischen Verletzungen (9,8% KOF) im gleichen Zeitraum, wobei die Verweildauer (54d) deutlich verlängert war (durchschnittliche Verweildauer aller thermischen Verletzungen 18d). Während der Anteil von freien Lappenplastiken in der Verbrennungsmedizin bei 1% liegt, erreichte er in diesem Patientenkollektiv einen Anteil von 12,5%. Für insgesamt 3 Patienten verlief die Stromverletzung letal.

Schlussfolgerungen: Der Stromunfall ist eine seltene, besondere Form der Verbrennung und stellt in der medizinischen Versorgung eine interdisziplinäre Herausforderung dar. Dabei kann das Schädigungsausmaß in der Tiefe, sowie die Beteiligung verschiedener Organsysteme durch kleinflächige Wunden leicht unterschätzt werden. Somit müssen die vielfältigen Verletzungsfolgen von Stromverletzungen in Verbrennungszentren mit entsprechenden Strukturen und Expertise behandelt werden. In überdurchschnittlich vielen Fällen sind mehrzeitige, komplexe plastisch-chirurgischer Rekonstruktionsverfahren erforderlich.

Eine weitere entscheidende Aufgabe besteht in verstärkten Präventionsmaßnahmen bei gefährdeten Berufsgruppen und in Haushalten mit Kindern.