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37. Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung (DAV 2019)

09.01. - 12.01.2019, Schladming, Österreich

Akute generalisierte exanthematische Pustulose – ein Fall für das BVZ?

Meeting Abstract

  • M. Paulmann - Dokumentationszentrum schwerer Hautreaktionen (dZh), Klinik für Dermatologie und Venerologie, Universitätsklinikum Freiburg, Medizinische Fakultät, Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg, Deutschland
  • J. Gille - Klinik für Anästhesiologie, Intensiv- und Schmerztherapie, Klinikum St, Leipzig, Deutschland
  • T. Kremer - Klinik für Plastische und Handchirurgie mit Schwerbrandverletztenzentrum, Klinikum St, Leipzig, Deutschland
  • M. Mockenhaupt - Dokumentationszentrum schwerer Hautreaktionen (dZh), Klinik für Dermatologie und Venerologie, Universitätsklinikum Freiburg, Medizinische Fakultät, Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg, Deutschland

Deutschsprachige Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung. 37. Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung (DAV 2019). Schladming, Österreich, 09.-12.01.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc68

doi: 10.3205/19dav68, urn:nbn:de:0183-19dav687

Published: January 8, 2019

© 2019 Paulmann et al.
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Einleitung: Die akute generalisierte exanthematische Pustulose (AGEP) ist eine akut auftretende Hautreaktion, die typischerweise mit hohem Fieber und einer Gesichtsschwellung einhergeht. Die erythematösen Hautveränderungen beginnen häufig im Gesicht und in den Intertrigines, anschließend bilden sich auf den Erythemen stecknadelkopfgroße, nicht follikulär gebundene Pusteln. Diese können konfluieren und zu einer sehr oberflächlichen Hautablösung führen, wodurch das Nikolski-Zeichen positiv erscheint und es zur Verwechslung mit Stevens-Johnson-Syndrom (SJS) und Toxisch epidermaler Nekrolyse (TEN) kommt. Als Auslöser von AGEP zeigen Antiinfektiva wie Aminopenicilline, Chinolone, Makrolide, Hydroxychloroquin und Terbinafin ein erhöhtes Risiko. Der beschriebene Median zwischen Beginn der Arzneimitteleinnahme und dem Beginn der Reaktion ist substanzabhängig und liegt bei den Aminopenicillinen bei 1 Tag, bei anderen Auslösern bei 11 Tagen.

Fallbeschreibung: Im September 2018 wurde ein 64-jähriger Patient mit V.a. TEN auf die Intensivstation für Schwerbrandverletzte des Klinikums St. Georg, Leipzig, übernommen. Etwa eine Woche zuvor war ein malignes Melanom exzidiert und zur Infektionsprophylaxe Clindamycin (300mg, 4x täglich für 5 Tage) gegeben worden. Bei Übernahme wies der Patient ein kokardenförmiges Erythem auf, wie es auch bei SJS/TEN vorkommt, wobei keine Schleimhäute betroffen waren. Jedoch zeigten sich keine Blasen, sondern Pusteln, die teils die Größe von Stecknadelköpfen deutlich überschritten. Die konventionelle Histologie einer Hautbiopsie zeigte eine subkorneale Ansammlung von neutrophilen Granulozyten und sprach damit gegen SJS/TEN, wo man eine subepidermale Spaltbildung mit nekrotischer Epidermis erwartet. Im Verlauf konfluierten die Flecke. Es traten neue, teils sehr große und konfluierende Pusteln auf und die Haut löste sich großflächig oberflächlich ab. Auffällig waren bereits bei Aufnahme instabile Kreislaufverhältnisse und ein hoher Infusionsbedarf, verbunden mit einer passageren kardiorespiratorischen Insuffizienz. Erst der Ausschluss weiterer Differenzialdiagnosen wie IgA-Pemphigus mittels Immunfluoreszenz sowie „staphylococcal scalded skin syndrome“ (SSSS) und pustulöse Psoriasis aufgrund des klinischen Verlaufs führten zur Diagnose der AGEP. Innerhalb von zwei Wochen kam es zur Abheilung der betroffenen Areale mit nachhaltiger Stabilisierung des Allgemeinzustandes. Der Patient konnte nach 3-wöchigem stationärem Aufenthalt entlassen werden.

Fazit: Aufgrund des positiv erscheinenden Nikolski-Zeichens landen immer wieder Patienten mit AGEP in einem BVZ. Da AGEP eine selbstlimitierende Erkrankung mit sehr oberflächlicher Hautablösung ist, die häufig innerhalb einer Woche ohne Komplikationen abheilt, ist eine intensivmedizinische Behandlung in der Regel nicht erforderlich. Bei einer Organbeteiligung in der Akutphase, die bei ca. 20% der Patienten in Form transient erhöhter Werte vorkommt, kann die Versorgung auf einer Intensivstation notwendig werden.