gms | German Medical Science

37. Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung (DAV 2019)

09.01. - 12.01.2019, Schladming, Österreich

Ein Diagnostik- und Therapiealgorithmus für Niederspannung- und Hochspannungsstromverletzungen

Meeting Abstract

  • K. D. Bergmeister - Abteilung für Plastische und Rekonstruktive Chirurgie, Universitätsklinik für Chirurgie, Wien, Österreich
  • J. Horter - Abteilung für Plastische und Rekonstruktive Chirurgie, Universitätsklinik für Chirurgie, Wien, Österreich
  • C. Zanon - Abteilung für Plastische und Rekonstruktive Chirurgie, Universitätsklinik für Chirurgie, Wien, Österreich
  • U. Kneser - Abteilung für Plastische und Rekonstruktive Chirurgie, Universitätsklinik für Chirurgie, Wien, Österreich
  • C. Radtke - Abteilung für Plastische und Rekonstruktive Chirurgie, Universitätsklinik für Chirurgie, Wien, Österreich

Deutschsprachige Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung. 37. Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung (DAV 2019). Schladming, Österreich, 09.-12.01.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. Doc04

doi: 10.3205/19dav04, urn:nbn:de:0183-19dav048

Published: January 8, 2019

© 2019 Bergmeister et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Einleitung: Stromunfälle beschreiben Kontaktereignisse mit elektrischem Strom im Niederspannungs- (bis 1000 Volt) oder Hochspannungsbereich (über 1000 Volt), als Folge von Privat- oder Arbeitsunfällen. Bedingt durch die Art und Dauer des Stromkontakts können verschiedenste Verletzungen resultieren, die von keinen bis zu schwersten Krankheitsfolgen variieren. Basierend auf der aktuell verfügbaren Literatur stellen wir in dieser Arbeit einen Diagnostik- und Therapie-Algorithmus für die beiden Entitäten vor.

Methodik: Es erfolgte eine Literatursuche in den Wissenschaftsdatenbanken Pubmed, Google Scholar, Scopus sowie der einschlägigen Fachliteratur auf Deutsch und Englisch. Ziel der Suche waren Daten zur Epidemiologie und Mortalität, sowie Diagnostik- und Therapiestandards der Stromverletzung im Niederspannungs- (bis 1000 Volt) oder Hochspannungsbereich (über 1000 Volt). Bezüglich der kardialen Folgen erfolgte die erweiterte Suche in der kardiologischen Literatur, um Risikofaktoren bei primär unauffälligen Niederstromverletzungen zu identifizieren.

Resultate: Insgesamt existieren kaum wissenschaftlich erhobene Daten zur Häufigkeit von Stromverletzungen oder fundierte evidenz-basierte Richtlinien zur Diagnostik und Therapie. In den meisten Studien wurde aufgrund der vermuteten Gefahr letaler Herzrhythmusstörungen auch bei Niedrigstromverletzungen die ärztliche Vorstellung und kardiale Abklärung mittels EKG und Labor-Diagnostik empfohlen. Bei Niederstromverletzungen inklusive kardialer Ereignisse oder Risikofaktoren wie Verbrennungen oder neurologischen Symptomen wird eine 24-stündige intensivmedizinische Überwachung empfohlen. Im Rahmen von Hochspannungsereignissen sollte die Therapie in einem Verbrennungszentrum erfolgen. Neben der Standard-Verbrennungstherapie sollte das Risiko des Kompartmentsyndrom sowie der Crush-Niere als Folge von Muskelzerfall beachtet werden.

Diskussion: Insgesamt ist die Datenlage für Stromverletzungen unzureichend wissenschaftlich aufgearbeitet und Empfehlungen für Diagnostik und Therapie basieren zumeist nur auf einem Expertenkonsensus. Während für die Hochspannungsunfälle gängige Standards der Verbrennungsmedizin auch in Hinblick auf intensivmedizinische Überwachung etabliert sind, wird in der Literatur die Dauer der Überwachung bei Niederstromverletzungen kontrovers diskutiert. Aufgrund der laut einzelner Studien nicht unwesentlichen Gefahr kardialer Ereignisse empfiehlt sich daher zum jetzigen Zeitpunkt eine dezidierte Abfrage von Risikofaktoren und Diagnostik (EKG und Herzenzyme) sowie eine serielle Kontrolle nach 6 Stunden zur Re-Evaluation. Basierend auf der Literatur stellen wir einen Diagnostik- und Therapiealgorithmus vor und diskutieren aktuelle Probleme anhand von Fallbeispielen.