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31. Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung (DAV 2013)

16.01. - 19.01.2013, Mayrhofen, Österreich

Hautaffektion durch S-Lost – Klinische Behandlung und Dekontaminationskonzept

Meeting Abstract

  • E. Striepling - BG-Unfallkrankenhaus Hamburg, HPMC / BV, Hamburg, Deutschland
  • D. Greunig - BG-Unfallkrankenhaus Hamburg, Stabstelle Organisation, Hamburg, Deutschland
  • A. Schaper - Universitätsmedizin Göttingen, Giftinformationszentrum-Nord, Göttingen, Deutschland
  • D. Steinritz - Bundeswehr, Institut für Pharmakologie und Toxikologie, München, Deutschland

Deutschsprachige Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung. 31. Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung (DAV 2013). Mayrhofen, Österreich, 16.-19.01.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. Doc13dav23

doi: 10.3205/13dav23, urn:nbn:de:0183-13dav230

Published: February 19, 2013

© 2013 Striepling et al.
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Text

Im Juli 2012 erlitt ein 27-jähriger Chemikant während der Arbeit eine Benetzung mit einer geringen Menge S-Lost im Bereich der ventralen Rumpfwand. Der Kontakt wurde erst nach kurzer Zeit bemerkt, eine sofortige Dekontamination durchgeführt. Am Unfalltag sowie am Folgetag erfolgte eine ambulante Vorstellung und Behandlung mit nochmaliger Dekontamination und Verbandanlage in einer betriebsärztlichen Praxis. Wegen Zunahme des Lokalbefundes (Erythem und Blasenbildung) wurde der Patient am gleichen Tag im Zentrum für Schwerbrandverletzte des Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhauses Hamburg (BUKH) vorgestellt.

Bei Aufnahme zeigte sich eine ca. 1% der Körperoberfläche messende Hautläsion über der ventralen Rumpfwand und umschriebene, wahrscheinlich abtropfbedingte Hautveränderungen am linken Unterarm sowie der Brustwand und des Unterbauches. Die S-Lost typischen Hautläsionen (Erythem und Blasenbildung) imponierten wie eine oberflächlich zweitgradige Verätzung.

Wegen der speziellen Toxizität von Lost wurden zusätzliche Informationen über das Giftinformationszentrum-Nord eingeholt. Die Recherche ergab, dass alle erforderlichen medizinischen Erst- und Notfallmaßnahmen bereits erfolgt waren.

Aus toxikologischer Sicht erwähnenswert ist die Tatsache, dass für diese Noxe kein spezifisches Antidot existiert.

Nach plastisch-chirurgischer Erstversorgung mit Rasur, Octenidin-Reinigung und Anlage eines Polihexanid-Salbentüllverbandes wurde der Patient stationär aufgenommen. Im Laufe der konservativen Behandlung demarkierte sich ein Areal von 1% KOF im Bereich der Primärläsion der ventralen Rumpfwand als tief-zweitgradig. Die operative Versorgung mit tangentialer Nekrektomie und Spalthauttransplantation erfolgte 14 Tage nach Exposition. Der postoperative Verlauf war unauffällig, die Spalthaut heilte primär ein. Während des gesamten Verlaufes zeigte der Patient keine systemischen Zeichen einer Losteinwirkung. Der Patient konnte nach 3 Wochen stationärer Therapie beschwerdefrei in die ambulante Nachbehandlung entlassen werden.

In diesem Fall wurden spezielle Dekontaminationsmaßnahmen im Krankenhaus nicht erforderlich. Da es sich bei Lost um einen Hautkampfstoff handelt, der handelsübliche Kleidung und Handschuhe durchdringt, sind bei Einlieferung von nicht dekontaminierten Patienten spezifische Maßnahmen und ggf. ein Rückgriff auf die gesonderte Vorhaltung von Material für NRBC-Lagen (Nuklear, Radiologisch, Biologisch, Chemisch) erforderlich. Am BG-Unfallkrankenhaus Hamburg stehen dazu zwei rasch einsatzbereite Duschstraßen für gehfähige sowie eine Duscheinheit für liegende Patienten zur Verfügung. Mobile Materialcontainer mit NRBC-geeigneten Gebläseatemschutzanzügen, Dekontaminationsmaterial und Ersatzkleidung für bis zu 50 Patienten ergänzen die Ausstattung. Durch Übungen werden die Einsatzkonzepte erprobt und die Mitarbeiter auf den Einsatzfall vorbereitet.