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28. Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung (DAV 2010)

13.01. bis 16.01.2010, Schladming, Österreich

Dreidimensionale Softwareunterstützung für Verbrennungsverletzungen

Meeting Abstract

  • corresponding author Michael Giretzlehner - RISC Software GmbH, Medizin Informatik, Hagenberg, Österreich
  • J. Dirnberger - RISC Software GmbH, Medizin Informatik, Hagenberg, Österreich
  • R. Owen - RISC Software GmbH, Medizin Informatik, Hagenberg, Österreich
  • H. Haller - RISC Software GmbH, Medizin Informatik, Hagenberg, Österreich

DAV 2010. 28. Jahrestagung der Deutschsprachigen Arbeitsgemeinschaft für Verbrennungsbehandlung. Schladming, Österreich, 13.-16.01.2010. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2010. Doc10dav74

doi: 10.3205/10dav74, urn:nbn:de:0183-10dav740

Published: June 30, 2010

© 2010 Giretzlehner et al.
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Text

Um die wissenschaftliche Basis der Brandverletztenbehandlung zu verbessern, sind große und vergleichbare Fallzahlen erforderlich. Hinsichtlich der Vergleichbarkeit stehen Ausmaß und Tiefe sowie A lter des Brandverletzten an erster Stelle. Bereits die Berechnung des Ausmaßes ist großen Fehlern und individuellen Schwankungen unterworfen. Diese häufige Fehlerquelle kann durch eine computerunterstützte Berechnung des Verbrennungsausmaßes weitgehend eliminiert werden.

Die Software BurnCase 3D erstellt auf Basis von Patientenparametern wie Geschlecht, Alter, Größe und Gewicht ein adäquates dreidimensionales Modell der Köperoberfläche mit einer Auflösung von unter einem Quadratzentimeter. Die Verbrennungsflächen werden auf diesem Modell im Gegensatz zu herkömmlichen Papiermethoden dreidimensional erfasst und in Echtzeit vermessen. Dieser Vorgang ist zum einen schneller als das Zeichnen und Schätzen auf Papier, zum anderen wird durch die Modellanpassung, die hohe Modellauflösung und die dritte Dimension die subjektive Fehleinschätzung in der Wundflächenbestimmung minimiert. Durch unt erschiedliche Farb- und Mustercodierungen können Verbrennungsgrade, operative Prozeduren, Verbandsdokumentation oder Pflegeanweisungen zu beliebigen Zeitpunkten auf dem dreidimensionalen Modell eingezeichnet werden. Basierend auf diesen Flächen werden medizinische Kennzahlen und Codes automatisch bestimmt.

Um die Genauigkeit und Objektivität noch weiter zu erhöhen, wurde ein digitales Bildarchiv in das System integriert, welches es erlaubt, Bilder des Patienten über das dreidimensionale Modell zu blenden. Dadurch wird eine visuelle Rückmeldung über die Korrektheit von Position und Größe der eingezeichneten Wundareale ermöglicht. Durch eine Kombination dieser Bildüberblendung mit modernen Verbrennungstiefenmessverfahren, wie z.B. Laser-Doppler (Moore) oder Lichtspektrumsanalyse (Delphi-Optics) kann selbst die Klassifikation der Verbrennungstiefe objektiviert werden. Für eine automatische Übertragung der dur ch derartige Systeme klassifizierten Wundflächen ist es notwendig, die Lage des dreidimensionalen Modells an die Lage des Patienten auf dem zugrundeliegenden Foto anzupassen, wofür ein eigener Algorithmus entwickelt wurde.

Neben den Vorteilen der Instituts-internen computerunterstützten Dokumentation entsteht durch die standardisierte Dokumentation und die zentrale Datenablage eine über die einzelne Institution hinausgehende Vergleichsmöglichkeit und Auswertbarkeit von Verbrennungsverletzungen und somit eine Grundlage für weitere Data-Mining-Aktivitäten. Durch Anwendung von Maschinenlernalgorithmen kann so eine Basis für das Auffinden von Besonderheiten oder Behandlungsvorschlägen geschaffen werden. Ein Beispiel für eine darauf aufbauende Komponente stellt eine automatisierte computerunterstützte Suche nach für einen konkreten Patienten relevanten wissenschaftlichen Publikationen dar.

Das Softwaresystem Bur nCase 3D wurde von der Abteilung für Medizin-Informatik gemeinsam mit medizinischen Partnern aus Linz, Berlin, Halle, Wien und Galveston entwickelt. Die Abteilung für Medizin-Informatik steht im Rahmen der RISC Software GmbH zu 80% im Eigentum der Johannes Kepler Universität Linz und zu 20% im Eigentum der Upper Austrian Research GmbH und ist ein Non-Profit-Forschungsunternehmen.

Im Rahmen der DAV 2009 wurde eine Aktion gestartet, um durch möglichst viele Teilnehmer ein neues für alle Beteiligten günstigeres Lizenzmodell zu kreieren. Das Ergebnis war mit 15 Interessensbekundungen von Verbrennungszentren und zwei neue Partner in der BurnCase-Community sehr positiv, was die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit einer derartigen Software und einer gemeinsamen Datenbasis unterstreicht. Aus den gegebenen Förderbedingungen konnte auf dieser Grundlage ein endgültiges Lizenzmodell mit einer maximalen jährlichen Lizenz festgelegt werden. Di ese Lizenz beruht auf einer fiktiven Teilnehmerzahl von 10 Institutionen im Rahmen der DAV, wird diese Teilnehmerzahl überschritten, so wird die jährliche Lizenz entsprechend geringer.

Die ersten Institutionen, in denen dieses dreidimensionale System zur Schaffung einer gemeinsamen Datenbasis eingesetzt wurde, waren die BG Klink Halle/Saale und das Allgemeine Krankenhaus der Stadt Wien. Im vergangenen schlossen sich das Unispital Zürich und die Uni-Klinik Schleswig-Holstein an. In einigen Verbrennungszentren wurde die Lizenz der Software bereits in das zukünftige Budget mit aufgenommen.

Durch die objektivierte Flächenbestimmung, die komplette Dokumentation der gesamten Therapie sowie die automatische Generierung von Scores und Codes bringt der Einsatz von BurnCase 3D eine deutliche Reduktion des Dokumentationsaufwands mit sich. Darüber hinaus ergibt die standardisierte Erfassung von Verbrennungsfällen die Möglichkeit von A uswertungen. Das System kann unabhängig von Land und Institution zur Unterstützung und Verbesserung in der Diagnose und Dokumentation von Verbrennungsverletzungen eingesetzt werden. Durch die Etablierung dieser Software als Standardwerkzeug ließe sich eine große Menge an wissenschaftlich auswertbaren Daten schaffen, die als Grundlage für Studien und zur Erstellung eines weltweiten Expertensystems für die Verbrennungsbehandlung von Nutzen wäre.