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Bad Honnef-Symposium 2016

Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie (PEG e. V.)

21. - 22.03.2016, Bonn

Bedeutung von Kreuzresistenz und Mehrfachresistenz bei bakteriellen Erregern für die Initialtherapie

Meeting Abstract

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  • Michael Kresken - Antiinfectives Intelligence GmbH, Campus Hochschule Bonn-Rhein-Sieg, Rheinbach; Rheinische Fachhochschule Köln gGmbH, Köln

Bad Honnef-Symposium 2016. Bonn, 21.-22.03.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16bhs03

doi: 10.3205/16bhs03, urn:nbn:de:0183-16bhs033

Published: March 16, 2016

© 2016 Kresken.
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Eine Kreuzresistenz wird meist als Unempfindlichkeit eines Bakterienstammes gegenüber zwei oder mehreren Antibiotika verstanden, die eine ähnliche chemische Struktur oder den gleichen Wirkmechanismus besitzen. In diesem Fall ist ein einziger Resistenzmechanismus die Ursache für die Unempfindlichkeit gegen mehrere Antibiotika. Z. B. ist die β-Lactamase CTX-M-15 die Ursache für eine Resistenz gegen diverse Penicilline und Cephalosporine. Demgegenüber wird eine Parallelresistenz als Unempfindlichkeit gegenüber nicht verwandten Wirkstoffen infolge unterschiedlicher Resistenzmechanismen betrachtet. Mit anderen Worten, ein Bakterienstamm besitzt z. B. das Gen blaCTX-M-15 für die Bildung der CTX-M-15-β-Lactamase und zudem das Gen aac(6')-Ib, das für ein Aminoglykosid-modifizierendes Enzym kodiert. Hingegen bedingt das Enzym, das von dem Gen aac(6')-Ib-cr kodiert wird, nicht nur eine Resistenz gegenüber den Aminoglykosiden Kanamycin, Tobramycin, und Amikacin, sondern auch gegenüber Ciprofloxacin und Norfloxacin, während die Aktivität von Gentamicin und Levofloxacin nicht beeinträchtigt wird. Im angelsächsischen Sprachraum wird nicht zwischen Kreuz- und Parallelresistenz unterschieden. Hier kennt man nur die Bezeichnung „cross-resistance“.

Kenntnisse über die Ausbreitung bestimmter Resistenzmechanismen bzw. resistenter Stämme sind aus sowohl resistenzepidemiologischer als auch klinischer Sicht von großer Bedeutung, denn das wahre Gefahrenpotential, das von resistenten Stämmen ausgeht, wird erst deutlich, wenn man nicht nur die Häufigkeiten der Resistenz gegenüber einzelnen Substanzen, sondern den Anteil von Stämmen mit Mehrfachresistenz betrachtet. Dabei wird der Ausdruck „multiresistent“ (multi-drug resistant, MDR) in der Regel für solche Bakterienstämme verwendet, die eine Resistenz gegen mindestens drei Antibiotikaklassen besitzen.

Das Ausmaß und die Entwicklung der Verbreitung multiresistenter Bakterienstämme wurden anhand der Daten der PEG-Resistenzstudie aus dem Zeitraum 1995-2013 analysiert. Die Auswertung der Resistenzmuster von Escherichia-coli-Isolaten aus dem Hospitalbereich für fünf Standardantibiotika (Ampicillin, Cefuroxim, Ciprofloxacin, Cotrimoxazol, Gentamicin) erbrachte, dass der Anteil der Stämme, die gegen alle fünf Substanzen sensibel waren, zunächst von 56,4% in 1995 auf 37,5% in 2010 zurückging, im letzten Beobachtungsjahr aber wieder auf 43,1% anstieg. Umgekehrt nahm der Anteil der Stämme mit einer Resistenz gegen mindestens drei der fünf Wirkstoffe zuerst von 7,0% auf 29,5% (2010) zu und verringerte sich danach auf 22,7% (2013). Der Anteil der Stämme mit einer Resistenz gegen alle fünf Antibiotika lag anfangs bei 0,4%, erreichte 5,3% im Jahr 2010 und lag am Ende bei 3,4%.

Das Wissen um die Häufigkeit multiresistenter Stämme ist u. a. erforderlich, wenn als kalkulierte Initialtherapie eine Antibiotikakombination verwendet werden soll. Vor diesem Hintergrund wurde das Empfindlichkeitsverhalten von 290 Erstisolaten der PEG-Resistenzstudie 2013, die aus Atemwegsmaterialien und Blutkulturen von Patienten mit nosokomialen Infektionen isoliert wurden, gegenüber den für die initiale Therapie der nosokomialen Pneumonie bei Patienten mit erhöhtem Risiko für multiresistente Erreger empfohlenen Antibiotikakombinationen untersucht (Tabelle 1 [Tab. 1]). Das Erregerspektrum wurde anhand der nosokomialen Pneumonien aus neun internationalen Studien ermittelt, die für diesen Zweck in der aktuellen S3-Leitlinie „Nosokomial Pneumonie“ Berücksichtigung fanden. Die Auswertung der Empfindlichkeitstestergebnisse ergab folgende Sensibilitätsraten: Imipenem 86%, Meropenem 86%, Piperacillin/Tazobactam 80%, Cefepim 80% und Ceftazidim 51%. Levofloxacin erwies sich im Hinblick auf die Erweiterung des Erregerspektrums als bester Kombinationspartner für die β-Laktame. Zusammen mit Imipenem und Meropenem wurden jeweils 92%, mit Cefepim 89% und mit Piperacillin/Tazobactam bzw. Ceftazidim jeweils 86% der Erreger erfasst. Die Ergebnisse zeigen, dass die Auswertung von Resistenzmustern zur Abschätzung der aus resistenzepidemiologischer Sicht bestmöglichen Antibiotikakombination für die kalkulierte Initialtherapie beitragen kann.


Literatur

1.
Leitlinie Epidemiologie, Diagnostik und Therapie erwachsener Patienten mit nosokomialer Pneumonie. AWMF-Register-Nr. 020-013. S-3 Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V., der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie e.V., der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie e.V., der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. und der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie e.V. Verfügbar unter http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/020-013l_S3_Nosokomiale_Pneumonie_Epidemiologie_Diagnostik_Therapie_2012-10_01.pdf External link